Freitag, 17. Oktober 2008

Sorgen ums Buch 2 (immer noch: Nee!)

Und wieder berichtet die WAZ über E-Books, diesmal eine Meinung von Frau Gudrun Norbisrath, die ich wegen ihrer klugen Kommentare und Berichte sehr schätze. Schön, dass Frau Norbisrath, im Gegensatz zu Herrn Potthoff vorgestern nicht gleich den Untergang des Abendlandes befürchtet, sondern sogar Chancen in der E-Book-Nutzung sieht. Trotzdem suggeriert auch dieser Artikel, dass E-Books etwas anderes vermittelten als gedruckte Bücher. Denn genau das bedeutet der Verweis auf McLuhan und die Aussage, dass es nicht egal sei, welches Medium "kluge Inhalte vermittelt."

Das ist aber doch egal, zumindest solange die Inhalte eins zu eins vermittelt werden. Also ist es auch egal, ob ich ein E-Book oder ein Buch lese.

Ich liebe Bücher und besitze ziemlich viele. Ich ziehe Bücher E-Books vor. Ich blättere lieber, als Knöpfe zu bedienen. Und ich finde meterlange Regalbretter mit Büchern unheimlich schön. Und ich mag auch das heillose Durcheinander auf meinen Regalen viel lieber als CD-ROM-Stapel:

PICT1987
Manchmal gestalten sich Recherchen schwierig. Wo war noch mal der neue Shippey?


Aber ich kann mit E-Books eben doch genauso gut arbeiten wie mit normalen Büchern. Und wenn der Zugang zu Informationen und Literatur beschleunigt oder erleichtert wird, wie auch Frau Norbisrath vermutet, - gut!

Denn McLuhan hat nichts bei der Betrachtung des Kindle zu suchen (ganz davon ab, dass auch seine „Magischen Kanäle“ nicht der Medienweisheit allerletzter Schluss sind - googeln sie mal „mcluhan“ und „kritik“ ). Worum es bei dem Zitat "Das Medium ist die Aussage" geht, ist, dass jedes Medium durch seine Spezifika eine andere Wirkung erzielt. Tolkiens "Der Herr der Ringe" (HdR) wirkt als Buch anders als als Film oder Hörbuch, oder? Das ist sicherlich richtig, denn beides ist nicht mehr das Buch, sondern seine Interpretation durch Regisseure, Sprecher, Schauspieler usw. Aber der HdR wirkt als Buch nahezu genauso wie als E-Book.

Schauen Sie doch einmal Fotos eines Kindle an. Weiße Seiten, schwarze Buchstaben. Keine Bilder, kein Ton, keine Filme. Das Medium Buch ist in der Zugangsweise gleich dem Medium E-Book. Es ist egal, ob der Text des HdR im E-Book oder im Buch steht. (Ich weiß, dass der Kindle eine „geheime“ Zusatzfunktion hat, Bilder darzustellen - so what?, im Buch stehen keine.)

Man muss, zumindest als Leser, der Entwicklung nicht "offensiv" begegnen. Gelassenheit reicht völlig aus.

Etwas anderes ist das bei den Autoren. Die müssen vor der unbezahlten Verbreitung ihrer Werke geschützt werden. Aber nicht unbedingt vor Folgen einer Buchpreissenkung für E-Books. Die Verlage sparen schließlich auch enorm durch digitale Veröffentlichungen, was die Produktion von Büchern angeht. Es sollte also ein Leichtes sein, die bisherige 5 - 10 %-ige Entlohnung von Autoren auf 10 - 20 % zu erhöhen und so niedrigere Verkaufspreise von E-Books auszugleichen.

Ich glaube, die Kulturpessimisten, die gegen die Medien-Evolution zu Felde ziehen, haben vor allem ein ästhetisches Problem (und evtl. keine Lust, neue Kulturtechniken zu erlernen). Hey, das ist Euer Problem! Ich sehe sehr viel mehr Chancen als Probleme. Ein Beispiel nur: Schulbücher!

Wie viele Eltern haben Probleme, Lehrmaterialien zu finanzieren? An wie vielen Schulen wird mit Büchern von anno tuck gelehrt? Jetzt stellen Sie sich mal ein stabiles E-Book-Lesegerät vor. Das wird halbjährlich vom Schulserver aus mit den neuen Büchern und Arbeitsblättern gefüttert - und fertig. Und weil man mit dem Ding auch nicht daddeln und Filme gucken kann, wird es auch kaum einen Grund geben, das Ding zu rauben (was ein echtes Problem mit Schülerlaptops ist).

PICT1993

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen