Montag, 21. Dezember 2009

Von teilrationalen Eichhörnchen oder Warum Kopenhagen scheiterte

Die Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen ist vollkommen gescheitert - anders kann man es nicht ausdrücken. Woran lag das? Abseits der heute, Montag, 21.12., in den Medien meist vorgebrachten Erklärungen über zwischenstaatliches Misstrauen, Wirtschaftsinteressen, Machtstreben und dem Versagen von internationalen Organisationen, lässt sich jedoch der Mensch als solcher als Grund für das Scheitern von Kopenhagen festmachen. Denn er ist leider zu schlau für ein Eichhörnchen ...

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Für den Winter gilt es, Nüsse zu sammeln, ...

Wir haben eine ganz fatale, unheimlich riskante Evolutionsstufe erreicht: Eine Menge intellektuelles Können gepaart mit nur teilweiser Vernunft, die ständig von unserer irrationalen Seite in Bedrängnis gebracht wird. So sind wir halt, und die meisten wollen wohl auch nicht anders sein, aber es wird immer wahrscheinlicher, dass das die überwiegende Mehrheit von uns umbringt.

Was wir bräuchten, um die Erderwärmung zu stoppen, ist eine umfassende internationale Zusammenarbeit, die darauf basiert, dass Opfer gebracht werden müssen. (Keine unerträglichen Opfer, aber doch eindeutige Einschränkungen des Lebensstiles einerseits und der Verzicht auf das Erlangen von tollen Bequemlichkeiten und Lebensstilen, die andere seit 50, 60 Jahren genießen, andererseits.)

Diese Opfer müssen zudem vor dem Hintergrund gebracht werden, dass keinerlei fühlbarer Erfolg eintreten wird. (Denn wir versuchen einen Zustand nicht eintreten zu lassen, der in 50 bis hundert Jahren fatal werden wird, bis dahin wird es sowieso schlimmer werden.) Selbst wenn ein durchschlagender Erfolg eintreten würde, würden wir den nur anhand von Zahlen in Tabellen ‚erfahren‘ können. Das ist nichts, was Begeisterung hervorruft und nichts, womit ein Politiker auf den Marktplätzen in der Vorwahlzeit Euphorie anfachen könnte.

Und bei diesen beiden Punkten - Opfer bringen müssen, keine Erfolge verspüren - schlägt unser biologischer Unterbau zu. Zuerst sind wir wie alle Lebewesen Überlebensmaschinen. Dann sind wir soziale Wesen, denn das verhalf uns in grauester Vorzeit zu besseren Chancen im Überlebenskampf. Und dann sind wir auch noch teilvernünftig, denn das verbesserte unser Überleben ohne Klauen, Reißzähne und lange, schnelle Beine noch einmal beträchtlich.

Als Überlebensmaschine sind alle Wesen darum bemüht, die dafür nötigen Ressourcen zusammenzuhalten. So auch wir. Wie das Eichhörnchen sammeln wir die Nuss-Äquivalente, die wir brauchen, um durch den harten Winter des Lebens zu kommen. Das Eichhörnchen hört jedoch instinktiv mit dem Nüssesammeln auf, wenn es genug zusammenhat, um den Winter zu überleben.

Wir können jedoch vorausdenken und uns überlegen, dass ja vielleicht ein fauleres Eichhörnchen kommen könnte, um unsere Nüsse zu klauen. Also sammeln wir mehr. Teilweise tun wir das beispielsweise, um andere Eichhörnchen zu bezahlen, die unseren Nussvorrat bewachen. Außerdem können wir uns vorstellen, dass ein Förster kommt und den Baum mit unserem Nussvorrat fällt. Also legen wir weitere Lager auf anderen Bäumen an; beispielsweise in Liechtenstein, wo es keine Förster gibt. Insgesamt ist es aber schlecht, zu viele Nüssen zu sammeln, die dann in Lagern verrotten, weil wir sie gar nicht aufessen können, denn ein Teil dieser Nüsse würde eigentlich benötigt, dass neue Bäume wachsen können, die dann wieder Nüsse spenden usw.

Als soziale Wesen sind wir zum Glück nicht völlig dämlich, sondern teilen wenigstens unsere Nüsse. Innerhalb der Familie, im Freundeskreis, und wenn dann noch was übrig ist, mit dem Rest des Dorfes. Aber nicht mit dem Nachbardorf, denn was haben wir mit den Fremden von dort zu schaffen? Dieser ursprünglich rein familiäre Bezug zum eigenen Rudel, der eigenen Sippe ist ein biologisches Erbe, das wir mit anderen Sippenwesen wie den Schimpansen teilen. Schimpansen sind rührend besorgt innerhalb der Sippe, Schimpansen ziehen gerne mal los und löschen eine benachbarte Sippe von Schimpansen aus (um an deren Nüsse zu kommen). Wie menschlich!

Jetzt haben wir uns aber außerdem noch zu ziemlich effektiver Intelligenz hinentwickelt ... und damit wird es fatal. Denn wir alleine können nun Nuss-Sammelmaschinen bauen. Und die sind in den letzten zweihundert Jahren unheimlich gut geworden. So gut, dass wir jetzt alle Nüsse des Waldes in Nullkommanix aufgesammelt haben. Ooops. Aber weil wir so schlau sind, haben wir natürlich auch erkannt, dass Letzteres ziemlich dämlich war. Also, schnell an die Vorratslager gegangen und die Hälfte der Nüsse wieder im Wald verteilen, damit neue Bäume angehen. Es bleibt ja genug übrig für den Winter!

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... aber wenn man das übertreibt, gibt es bald gar keine mehr.

Außer natürlich hinten, in der Schmuddelecke des Waldes, wo die Bäume sowieso nicht so schön wachsen. Da haben sie jetzt aber auch Nuss-Sammelmaschinen gebaut und stehen kurz davor, auch mal sorgenlos durch den Winter zu kommen. Bloß - wenn der Wald erhalten werden soll, dann ist es nötig, dass die da hinten ihre Maschinen nicht einsetzen. Und dass wir außerdem unseren halben Nussvorrat aufgeben. Wir alle! (Aber man hört, dass die da an der Teichschonung nur ein Viertel der Nüsse abgeben wollen. Und im Buchenhaag auf der anderen Waldseite, die wollen sogar gar nichts zurückgeben - sagt man.) Da können wir also leider auch nix abgeben, sonst wird unser Teil des Waldes vielleicht auch zur Schmuddelecke. Wir sind es unseren Kindern schuldig, die Nüsse zusammenzuhalten, denn die sollen mal ein besseres Leben haben!

Und deshalb scheiterte Kopenhagen ...

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