Dienstag, 14. Dezember 2010

"Fantasy für Fortgeschrittene" ...

... so hat der Bayerische Rundfunk ein Interview betitelt, das er mit mir über Definition, Zustand und Zukunft der Fantasy geführt hat. Es wurde gestern im Rahmen einer Magazinsendung zur Fantasy auf Bayern 3 ausgestrahlt und steht seit heute in der Mediathek im Netz.

Hmmm, für Fortgeschrittene wohl eher nicht, aber da es gut geschnitten ist, ist es wirklich recht informativ, insbesondere für diejenigen, die das Genre nicht kennen.

Wenn Sie möchten, würde ich mich freuen, wenn Sie mal reinhören, in die 5 MInuten, 30 Sekunden, die der BR aus dem halbstündigen Interview gemacht hat: http://on3.de/element/8912/interview-frank-weinreich-fantasy-fuer-fortgeschrittene.


Freitag, 10. Dezember 2010

Mit zweierlei Maß: die Berichterstattung über Liu Xiaobo und WikiLeaks

Komische Medien diese Woche: Julian Assange von WikiLeaks wird trotz völlig unklarer juristischer Grundlage ins Gefängnis geworfen und der Blätterwald rauscht erleichtert. Heute kann der zu Unrecht im Gefängnis einsitzende Menschenrechtsaktivist Liu Xiaobo seinen Friedensnobelpreis nicht entgegennehmen, und die Medien klagen. Dass sie klagen, ist rechtens, nötig und sehr zu begrüßen. Warum sie aber über den heftigen Schlag gegen WikiLeaks erleichtert sind, ist schwer zu verstehen. Weshalb wird mit zweierlei Maß gemessen?

Zuerst drängt sich natürlich der Gedanke auf, dass Liu Xiaobo gegen ein erwiesenes Unrechtsregime beschützt werden muss, während die etablierten Medien den Rechtsstaaten USA, Großbritannien und Schweden einen Vertrauensvorschuss geben und den ‘Geheimnisverrat’ WikiLeaks auf ‘verantwortungsvolle Weise’ kritisch beurteilen müssen. Doch das ist es meiner Meinung nach nicht allein und wahrscheinlich nicht einmal zuerst. Vielmehr geht es gerade in diesem Fall darum, Besitzstände zu wahren und den gesellschaftlichen Diskurs unbedingt so weiterführen zu wollen, wie er schon immer (seit knapp hundert Jahren - ha ha ha) ablief.

Liu Xiaobo ist ein klassischer Demonstrant in der Nachfolge vieler anderer großer Menschen, wie etwa seines Vorgängers Carl von Ossietzky, dessen Schicksal er vielleicht wird teilen müssen. Klassische Demonstranten aber sind ein sehr schöner, weil einfacher Fall für die etablierten Medien. Klassische Demonstranten und deren Anliegen kann man nämlich wunderbar begleiten - wahlweise sympathisierend, aufrüttelnd und ermunternd, wenn es opportun ist, aber auch durch Verschweigen, Marginalisieren und Lächerlichmachen.

WikiLeaks (es geht nicht um Assange, es geht um WikiLeaks!) aber kann man nicht so einfach begleiten, denn das Erscheinungsbild und die Aussagen von Wikileaks unterliegen nicht mehr der Steuerung durch die etablierten Medien. WikiLeaks spricht auf uninterpretierte Weise selbst, und das ist etwas, was die publizierende Meinung nicht gerne hat.

Sie wird sich aber dran gewöhnen müssen - zumindest wenn die Welt so glücklich ist, weiter freie Publikationskanäle zu besitzen (die Privatisierung des Internets in große, zentral steuerbare Plattformen wie Facebook, Google und andere macht Sorgen). Wenn die freien Meinungsäußerungsmöglichkeiten aber so bleiben, wie sie sind, dann ist es mit der gemütlichen Ruhe der bisherigen Meinungsmacher vorbei.

Natürlich schreien sie auf - wie gerade jetzt - und gemahnen daran, welch potentielle Gefahr doch in der unreflektierten Publikation brisanter Themen stecke und bezweifeln, dass der plötzlich publizierende ‘Laie’ über die Sachkenntnis und das Verantwortungsgefühl verfüge, das seine Publikationstätigkeit erfordert.

Nun, die Sachkenntnis kommt bei den Graswurzel-Publizisten in der Regel schon daher, dass sie meist aus den Bereichen berichten, in denen sie leben und arbeiten. Fehler unabsichtlicher wie absichtlicher Art werden zudem schnell aufgedeckt, denn Zweit-, Dritt- und Viertexperten lesen immer mit.

Und was das Verantwortungsgefühl angeht, so hoffe ich doch, dass die publizierenden ‘Laien’ sich diesbezüglich nicht gerade die Medienprofis von RTL, SAT1 und BILD-Zeitung zum Vorbild nehmen, sondern bessere Maßstäbe anlegen. Zudem ist das Graswurzel-Phänomen von ständigem Austausch und kollaborativer Arbeit gekennzeichnet, die Zirkel bilden, in denen Verantwortung immer mitdiskutiert wird. Das ist nicht fehlerfrei, steht dem Verantwortungsgefühl der professionellen Redaktionskonferenz jedoch nicht nach und der einsam getroffenen Verlegerentscheidung schon mal gar nicht.

Wenn also diese Woche mit zweierlei Maß über Liu Xiaobo und WikiLeaks berichtet wird, so hat das auch damit zu tun, dass es um Macht geht, um Meinungsmacht. Und die lässt man sich auch im liberalen Westen ungern wegnehmen. Muss man aber zulassen, denn die freie Meinungsäußerung gilt für alle, nicht nur für die ‘Profis’. Dann können wir auch gemeinsam für Liu Xiaobo und WikiLeaks schreiben, denn die schreiben auch für uns.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Die WikiLeaks-Herausforderung

WikiLeaks hat zigtausende Dokumente veröffentlicht, die ein hochinteressantes Licht auf die Art und Weise werfen, wie internationale Beziehungen wirklich funktionieren. Mehr ist seitens WikiLeaks nicht passiert; kein Geheimnisverrat, keine Spionage, kein echter Schaden, obwohl ihnen genau das vorgeworfen wird. Und man eine Hexenjagd auf Julian Assange anstellt, die jetzt auf höchst gefährliche Weise ausgedehnt wird. Denn mit Assange ist es nicht getan. Jetzt zeigt die Politik, wenigstens die amerikanische, aber die europäischen Regierungen dürften nachziehen, worauf sie wirklich hinauswill - auf die Abschaffung der Pressefreiheit. Denn nichts anderes steht hinter dem Versuch Senator Liebermans, nun sogar die New York Times zu kriminalisieren.

Assange ist jetzt dran und wird wohl nicht mehr davor zu bewahren sein, auf immer in irgendwelchen Gefängnissen zu verschwinden. (Wir regten uns vor ein paar Jahren darüber auf, wie Putin seinen Kritiker Chodorkowski in bester Tyrannenmanier ins Gefängnis werfen ließ; jetzt tun die USA das gleiche und ehemals politisch-freiheitlich vorbildliche europäische Nationen wie Großbritannien und Schweden helfen dabei, pfui!) Dabei hat Assange nichts anderes gemacht als das, was die New York Times, Der Spiegel, The Guardian und El Pais in der selben Angelegenheit auch machen: Er hat Material von öffentlichem Interesse veröffentlicht, das ihm aus authentischer Quelle zugespielt wurde.

Was für ein Schaden wurde denn angerichtet? Sollte wirklich jemand geglaubt haben, dass die Diplomaten und Politiker in ihren eigenen Zirkeln und untereinander nicht so miteinander über einander reden, wie die veröffentlichten Depeschen es jetzt zeigen, so wird ihm diese Naivität jetzt hoffentlich ausgetrieben worden sein.

Und alles andere ist Propaganda. Natürlich wusste Westerwave vorher, dass die internationalen Mitdiplomaten ihn für unfähig halten. Natürlich wusste Ahmadinedschad vorher, das König Abdullah ihn gerne tot sähe. Einzig Berlusconi dürfte zu notgeil sein, um die Realität wahrzunehmen. Und unsere Kanzlerin dürfte sich durch den Beinamen "Teflon" noch geschmeichelt fühlen.

Wenn sich der eine oder andere jetzt oder in Zukunft publikumswirksam über den einen oder anderen erregen wird, so dient dies nur dazu, eben diesem Publikum in der Hoffnung eine Show zu liefern, dass es sich von den eigentlich allseits bekannten Vorwürfen nur aus dem Grund beeindrucken lässt, weil sie mit dem Hinweis auf angeblich geheime Meinungen und Erkenntnisse untermauert werden. Propaganda eben! Propaganda, die sich auf WikiLeaks und Assanges Arbeiten stützt, die sich in nichts von anderen journalistischen Arbeiten unterscheiden. (Hier ein aktueller Artikel von Assange selbst, der genau das eindringlich schildert.)

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WikiLeaks´Zukunft?

Auf die gleiche Art, wie nun die diplomatischen Berichte der USA, flogen nämlich F-J. Straußens Lockheed-Verstrickungen auf, wurde Watergate publik gemacht, gelangten zahllose andere politische Skandale ans Licht der Öffentlichkeit. Genau das versuchte Chodorkowski in Russland und wurde von einer abhängigen Justiz erledigt. Letzteres, so stellt es sich heute dar, ist nun wohl auch bei uns möglich, wenn sich der Vorsitzende des Heimatschutzausschusses der USA nun traut, gegen das publizistische Flaggschiff des Landes mobil zu machen.

Was tun? Sicher nicht Mastercard oder Paypal mit DoS-Attacken ärgern, denn das bringt genauso viel wie Eric Cantonas gestriger Versuch, mit Hilfe von ein paar Dutzend Fans, die ihr Geld abhoben, die französischen Banken in den Ruin zu treiben.

Was dann? Weiterschreiben, weiterpublizieren, weiterhin Informationen bereit halten, wie es die wunderbaren Unterstützer von Wikileaks machen, die das Archiv mittlerweile so im Netz verteilt haben, dass es auch die USA nicht mehr rausbekommen.

Die IT ist Gefahr, viel mehr aber noch Chance für die Freiheit. Jedes Blog, jeder kleine Twitter-Zweizeiler, ja jeder Klick auf Facebooks "Gefällt mir"-Button, der sich den Themen Meinungs- und Pressefreiheit widmet, hilft, für die Themen zu sensibilisieren, hilft, das Nachdenken zu fördern, hilft, andere Menschen zu aktivieren. Eine andere (ethisch saubere) Möglichkeit haben wir nicht. Das Maul nicht aufzumachen, bedeutet, dass wir irgendwann alle wie unter chinesischer Zensur leben werden. Auch in den USA, auch hierzulande. Das zu verhindern, ist die Wikileaks-Herausforderung.



Sonntag, 28. November 2010

Keine Angst (mehr!) vor Tzvetan Todorov

Wer sich theoretisch mit der Phantastik befasst, stolpert einerseits zwangsläufig über Tzvetan Todorovs Theorie der Phantastik, andererseits hört man auch aus berufenem Expertenmund immer wieder: "Müssen wir uns denn wirklich noch mit Todorov befassen?" Ja, muss man noch; das, und warum das, zeigt Simon Spiegels neustes Buch, das einen schönen neuen Zugang zu dem bekannten und bekanntlich schwer verdaulichen Theoretiker eröffnet.

Man muss sich bei einer literaturwissenschaftlich orientierten Sichtweise auf die Phantastik in der Tat mit Todorov befassen, denn vor allem die Herangehensweise ist wichtig, um die literaturwissenschaftliche Diskussion zu verstehen. (Oder nein, muss man nicht unbedingt, Uwe Dursts Theorie der phantastischen Literatur, LitVerlag 2010, ist aktueller, umfangreicher und besser - aber genauso schwer zu verstehen.) Zum Glück kann man sich Todorov jetzt aber viel einfacher nähern, denn der Wissenschaftler und Journalist Simon Spiegel hat eine exzellente Einführung in Todorovs Werk geschrieben, das die Originallektüre zwar nicht ersetzt, aber sie auch für den Fachfremden so aufschlüsselt, dass man Todorov nun folgen und ihn angemessen im Theoriekanon verorten kann: Simon Spiegel: Theoretisch Phantastisch. Eine Einführung in Tzvetan Todorovs Theorie der phantastischen Literatur. Murnau: p.machinery 2010.

Dies behaupte ich auch auf die Gefahr hin, dass Todorov-Fans bzw. Vertreter der strukturalistischen Denkschule das ganz anders sehen mögen, denn Spiegel geht sehr kritisch mit Todorov um (Tzvetan Todorov: Einführung in die fantastische Literatur, Ullstein 1972; nur noch antiquarisch auf Deutsch erhältlich, aber problemlos in Englisch, Französisch zu erwerben). Vielleicht ist kritisch aber auch das falsche Wort, denn Spiegel zeigt die durchaus vorhandenen positiven, weil erkenntnisfördernden Seiten von Todorovs Theorie der Phantastik auf, und ordnet sie dann, methodisch sauber, in das Gesamtgefüge der möglichen Literaturbetrachtungen ein; eine Einordnung, bei der Todorov dann aber manche Feder lässt, denn Spiegel kann schlüssig zeigen, dass die Theorie der Phantastik einen ziemlich engen Geltungsbereich hat und ganz viele Fragen, die sich dem Publikum phantastischer Werke stellen, gar nicht beantworten kann (aber auch nicht beantworten will).

Todorov ist Strukturalist, was heißt, dass er sein Untersuchungsgebiet anhand struktureller Merkmale und gänzlich innerhalb des Untersuchungsgebiets verbleibend betrachtet: Es zählt das Buch/der Film als solcher, sonst nix. Die phantastische Literatur hat so besehen beispielsweise keinen Bezug zur Realität. Das ist etwas ganz anderes als das, was Sie etwa auf diesen Seiten lesen können - mich interessiert, in welchem Verhältnis zur Realität die Phantastik steht, und was man aus ihr lernen kann. Für den Strukturalisten gibt es auch keine gute oder schlechte Literatur, nur Literatur mit bestimmten Merkmalen - der Struktur -, die eine Zuordnung erlauben. Der Strukturalist enthält sich damit jeglicher Interpretation - was darin begründet ist, dass Interpretationen nicht objektivierbar sind, und damit einen nicht unproblematischen wissenschaftlichen Charakter haben. Das ist auch alles wissenschaftlich sehr sauber, wenn man es durchhalten kann.

Das kann man auch alles bei Todorov selbst lesen, aber es hilft ungemein, wie Spiegel das herausarbeitet. Und damit gleichzeitig herausarbeitet, dass selbst Todorov große Schwierigkeiten hat, dem hohen Anspruch gerecht zu werden. Dauernd kommt es nämlich doch zu Vergleichen oder Beziehungen von Literatur und Realität sowie zu wertenden Einlassungen. Das dürfte auch kaum zu vermeiden sein, denn - das steht so nicht bei Spiegel, aber ich empfinde es so - ein wirklich sortenreiner Strukturalismus, stellt nichts weiter als die Konstruktion von Schubladen dar. Schubladen aber eignen sich nur zum Verstauen von Dingen, wir wollen jedoch mit der Phantastik umgehen (lernen).

Was an der Phantastik interessiert, ist doch beispielsweise die alte Frage: Was will der Autor damit sagen/erreichen? Oder es geht darum, warum die Science Fiction in den Vierzigern und Fünfzigern boomte, warum sie in den Sechzigern und Siebzigern so kritisch wurde und wieso die Fantasy gerade jetzt ein Allzeithoch zu haben scheint. Oder eben, welche Bücher und Filme gut sind. Oder was die Faszination der Phantastik ausmacht. Das interessiert aber aus strukturalistischer Sicht alles nicht beziehungsweise es ist ein Tabu, denn hier wird es interpretatorisch, und interpretieren darf der Strukturalist nicht.

Nachdem Spiegel das sehr schön herausgearbeitet hat, kann er auch deutlich machen, was hinter den - na ja, ich sage mal eigenwillig -, was hinter den eigenwilligen Kategorien der Phantastik bei Todorov steckt. Die reine Phantastik macht Todorov ja beispielsweise daran fest, dass sie ein Schwebezustand sei, in dem unentscheidbar ist, ob Geschehnisse natürliche oder übernatürliche Ursachen haben. Eine so verstandene Phantastik trifft natürlich auf sehr enge Grenzen und hat insbesondere mit aktueller phantastischer Kunst nicht viel zu tun. Aber auch das arbeitet Spiegel sehr schön heraus, wenn er auf den eingeschränkten, von Todorov zugrundegelegten Kanon verweist, und dass die Gültigkeit von Todorovs Überlegungen in besonderem Maße zeit- und werkabhängig ist. (Was die Auswahl im Übrigen auch zu einer sehr subjektiven Angelegenheit macht; nee, dat wird vorne und hinten nix mit der Objektivität, Leute.)

Die größte Stärke für den interessierten Laien ist aber Spiegels Dechiffrierung der literaturwissenschaftlichen Sprechweisen und Codes von Todorov und einschlägigen anderen Autoren. In "Theoretisch Phantastisch" wird alles auf eine klare Sprache heruntergebrochen; eine Ausdrucksweise, die ich persönlich für die einzig wahre halte, während der sonstige Wissenschaftssprech, gerade in den Kulturwissenschaften, für mich mehr mit standesdünkelhaften Ausgrenzungsversuchen zu tun hat als mit den Erfordernissen einer schwierig zu umschreibenden Materie. Ein Beweis, dass das geht, ist Spiegels Buch. Das kann manchmal, gerade auf den ersten Seiten, wenn man sich noch hineinliest, ein bisschen herablassend wirken, ist aber keinesfalls so gemeint. Spiegel zeigt damit viel eher, dass er sein Publikum ernst nimmt und verstanden werden will. Für mich ist der Stil jedenfalls beispielhaft, und ich werde versuchen, mich selbst noch mehr in diese Richtung zu entwickeln.

Übrigens ist Theoretisch Phantastisch auch sehr schön ausgestattet, mit übersichtlichem Layout, hilfreichen Marginalien und dezenter Bebilderung. Besonders hervorzuheben sind die schönen Zeichnungen von molosovsky (etwa das Titelbild, s. u.), Porträts, in dem gleichen Stil, wie sie auch seine Website schmücken: molochronik.antville.org/.

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Mittwoch, 17. November 2010

Nominierung zum Wissenschaftsbuch des Jahres

"die fantastischen 6", eine Biographiensammlung, herausgegeben von Charlotte Kerner, mit den Lebensläufen von Mary Shelley, Bram Stoker, Tolkien, Stanislaw Lem, Philip K. Dick und Stephen King, zu der polyoinos den Beitrag über Tolkien beisteuerte, ist nominiert worden für den Preis "Wissenschaftsbuch des Jahres", ausgeschrieben vom österreichischen Buchhandel und dem dortigen Wissenschaftsministerium. Die Nominierung gilt für den Bereich Junior-Wissensbücher, in dem Werke prämiert werden, die sich an Kinder und Jugendliche richten.

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Eine von Experten besetzte Jury wählt etwa 20 Bücher eines Publikationsjahrganges aus, und stellt diese dann zur Publikumswahl. Umso mehr freue ich mich, dass "die fantastischen 6" es überhaupt geschafft haben, die Jury zu beeindrucken, die etliche hundert deutschsprachige Bücher jedes Jahr einsieht und einige wenige vorschlägt.

Noch mehr würde ich mich natürlich freuen, wenn es weiterginge und wir die Wahl auch gewännen. Darf ich Sie also bitten, den folgenden Link zu besuchen, und dort für dieses Buch abzustimmen? Vielleicht gewinnen Sie sogar einen der Buchpreise für die gute Tat.
Hier wird abgestimmt.

Vielen Dank!



Montag, 4. Oktober 2010

In fremden Welten. Impressionen von der Gründungskonferenz der GFF

Die Gesellschaft für Fantastikforschung e. V. ist letztes Wochenende mit der Konferenz Fremde Welten. Wege und Räume der Fantastik im 21. Jahrhundert gegründet worden – Glückwunsch an alle Beteiligten und Mitglieder, besonders aber an den Hauptorganisator Lars Schmeink, der ganz Erstaunliches auf die Beine gestellt hat. Und vielen Dank für all die Arbeit!

Aus dem Wunsch heraus, der Forschung über das Phantastische eine Organisation an die Seite zu stellen, und so alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit dem Thema beschäftigen, nachhaltig zu vernetzen, ganz wie es die großen englischsprachigen Organisationen seit Jahrzehnten erfolgreich vorleben, entstand ein Verein, dessen erste Schritte in Hamburg an diesem Wochenende erwarten lassen, dass er dieser Aufgabe gerecht wird.

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Na gut, es war schon eine Art Klassentreffen, denn man kennt sich ja. Aber um etwas zu bewegen, bedarf es eben doch für viele Aufgaben der Organisation.

Was meiner Meinung aber noch wichtiger ist, ist das zweite Ziel, das sich ohne institutionelle Anlaufstelle auch nicht effizient verwirklichen ließe – die Einbindung von Wissenschaft in die außerwissenschaftlichen phantastischen Diskurse von Urhebern und Publikum. Autorinnen und Fans waren aufgerufen, sich an der GFF zu beteiligen, und der Ruf wurde von beiden erhört.

Wie wichtig das war, zeigte sich bei der anregenden Schlussdiskussion, auf der Autoren und Vertreter von Fanorganisationen über ihre Arbeit und Wünsche aufklärten und der Wissenschaft darlegten, was sie auch noch tun kann, außer innerhalb des Elfenbeinturmes zu agieren. Als grenzgängerischer Autor/Lektor/Experte bin ich persönlich diesen Anliegen natürlich besonders zugeneigt, hatte aber den Eindruck, dass das allgemein als ganz wichtiger Punkt empfunden wurde. Die Verbindung zum Publikum und zu den Autoren (natürlich auch Regisseure, Designer, Musiker - zu allen Urhebern eben) ist wesentlicher Bestandteil des GFF und darf nicht aus den Augen verloren werden.

Inhaltlich war die Konferenz breit gefächert, aber trotzdem drängte sich mir durchgängig der Eindruck einer Zweiteilung innerhalb der wissenschaftlichen Interessen auf. Ganz salopp gesagt, bezeichne ich das mal als das unterschiedliche Erkenntnisinteresse an Struktur und Inhalt der Fantastik, das dann auch zu Reibungen und (wahrscheinlich vermeidbaren) Inkompatibilitäten führte. Jedenfalls scheint mir da im Augenblick noch eine vermittelnde Instanz zu fehlen, die Inhalt und Struktur zusammenbringt, vielleicht sogar zu konzertierten Forschungsvorhaben. Noch jedenfalls erstreckt sich die Inkompatibilität bis hin zu einer Unvereinbarkeit in der Terminologie.

Und nein – dies für diejenigen von Ihnen, die dabei waren – damit meine ich zwar auch, aber bei Weitem nicht nur den Disput zwischen Uwe Durst und mir (der sich im Übrigen im persönlichen Gespräch viel weniger scharf darstellte); diesen Eindruck empfand ich fast durchgängig, je nachdem in welchem Panel man gerade saß. Während die einen streng die Form untersuchten, machten sich die anderen – etwa äußerst launig Marleen Barr mit ihrer Beobachtung, dass man die New York Times nicht verstehen kann, wenn man nicht weiß, wer Spock und Darth Vader sind, dass man also die „language of science fiction“ beherrschen muss – über die Lebenswirklichkeit her und berichteten davon, wie die Phantastik diese beeinflusst.

Festgehalten werden muss dabei, wie ich finde, dass beide Aspekte ihre volle Berechtigung haben, was die Forscherinnen und Forscher dann auffordert, sich dem anderen Erkenntnisinteresse zumindest so weit aufgeschlossen zu zeigen, dass man anerkennt, dass es eine Daseinsberechtigung hat. Und vielleicht findet man ja doch auch noch auf Arbeitsebene zueinander – ich bin sicher, man würde sich gegenseitig befruchten.

Grundsätzlich sind die Inkompatibilitäten beider Betrachtungsweisen nämlich nicht, sondern vom jeweiligen Erkenntnisinteresse abhängig. Wenn ich also höre, dass in einer Diskussion, an der ich nicht teilnahm, gesagt wurde, mein Realismusbegriff sei „noch eindimensional“, dann verweise ich darauf, dass ich diese Eindimensionalität benötige, wenn ich das Verhältnis von fiktivem Inhalt und der nichtfiktionalen Lebenswelt untersuche und sie deshalb für diese Fragestellungen beibehalten werde. Bei der Betrachtung anderer Aspekte kann das anders aussehen.

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("Lesender" - aus Anwyn - eine phantastische Reise)


Was ich zudem mit einem gewissen Erstaunen bemerkte, ist, dass man sich offenbar immer noch dafür entschuldigen muss, wenn man sich als Wissenschaftlerin ernsthaft mit Phantastik beschäftigt. Das korrespondiert dann mit der Aussage der Autoren, dass man weiterhin nicht als richtiger Schriftsteller anerkannt wird und mit dem Bericht der Fans, dass man sowieso aus der Spinnerecke komme. Da hätte ich gedacht, dass wir auch in Deutschland mittlerweile weiter wären.

Doch es wurde nicht nur berichtet, dass man sich rechtfertigen muss, auch der Duktus sehr vieler Vorträge war von dieser Haltung geprägt und kaum jemand kam ohne apologetische Anmerkungen aus, die insgesamt von einem zu Unrecht unterentwickelten Selbstbewusstsein sprachen. Das mache ich zwar auch oft, aber ich habe eben in den letzten Jahren öffentlich auch hauptsächlich entweder mit Fans zu tun, denen ich Munition zur Verteidigung ihrer phantastischen Leidenschaft an die Hand geben möchte, oder spreche andererseits vor Unbeteiligten oder Skeptikern, denen ich darlegen muss, welche Formen von Relevanz die Phantastik annehmen kann. (Lassen Sie sich bspw. mal einladen, vor Rotariern über Fantasy zu sprechen – man schaut sie an wie ein exotisches Tier, aber nach dem Vortrag haben Sie manches Auge geöffnet.)

"Amerika (und UK), Du hast es besser" – im englischsprachigen Raum scheint das längst nicht mehr so ein Problem zu sein. Warum nicht das gleiche Selbstbewusstsein hier? Brian Stableford jedenfalls forderte in seiner Keynote „the GFF should explore the possibilities and and not only defend the phantastic against its critics“. Genau!

Die Defensivität kann natürlich auch von einer gewissen Vereinzelung oder besser Insellage der heterogenen Gruppen, die sich mit Phantastik beschäftigen, herrühren, denn man ist sich der argumentativen und anderer Stärken der anderen nicht unbedingt ausreichend bewusst. Dem genau kann natürlich eine Organisation wie die GFF und eine offengehaltene Tagung wie die „Fremden Welten“ Abhilfe verschaffen und hat dies auch in ersten Schritten schon getan.

Nächstes Jahr Salzburg und 2012 Zürich werden das fortsetzen und die neuen und alten Bekanntschaften aus Hamburg werden die Inseln mit Fähren und Brücken verbinden, so dass man insgesamt über die Gründungskonferenz sagen kann: Voller Erfolg!


Dienstag, 7. September 2010

Neue Kurz-Geschichte(?): Collage - Eine typische Bewerbung

Bewerbungsschreiben können recht erhellend sein. Erhellendes über das Individuum, eine Gruppe oder eine ganze Gesellschaft offenbaren.

Ich habe mal eine typische Bewerbung zusammengestellt, die ... sozusagen ... auf wahren Begebenheiten beruht. Und in der wir uns hoffentlich nicht mehr wiederfinden. Bitte sehr:
Die Collage einer Bewerbung.

Samstag, 4. September 2010

Netzveröffentlichungen richtig einordnen. Appell für ein "Neues Lesen".

Neulich habe ich auf Facebook einen sich selbst verstetigenden Fehler begangen, als ich impulsiv die Story des Filmes Inception als “genial” lobte. Aber zumindest brachte mich dieser Ausrutscher, im Zusammenspiel mit einem Artikel von Thomas Darnstädt im Spiegel - zum Nachdenken über die Art und Weise wie wir im Internet lesen oder schreiben ... sollten?

Darnstädt äußert die Sorge, dass die Digitalisierung der Öffentlichkeit die Öffentlichkeit selbst zerstören könnte, denn der ständige und bleibende Zugriff auf nahezu alle im öffentlichen Raum erzeugten Daten bewirke, dass man sich nicht mehr in die Öffentlichkeit des Netzes traue:
“Die erste Hoffnung des Bürgers, der etwas Dummes gesagt hat, ist die, dass es keiner gehört hat. Doch Google findet alles. Die zweite Hoffnung, dass es irgendwann in Vergessenheit gerät. Doch digitale Speicher halten sehr lang.”

Wir reden dabei nicht über Meineide, Steuerhinterziehung oder Ehebruch, sondern über alle möglichen Dummheiten, die man so begehen kann. Wie beispielsweise die, einem Film Genialität zuzusprechen, auch wenn er sie im wahren Sinne des Wortes nicht hat.

Doch, doch; ich finde Inception immer noch “genial” - aber eigentlich mehr so im Sinne von geil oder toll. Simon Spiegel, der durch ein sehr gutes Buch über die Poetik des Science-Fiction-Films bekannt wurde, wies aber zurecht darauf hin, dass der Film doch einige Ungereimtheiten aufweise.

Richtig. Und damit - das hat Simon jetzt netterweise nicht gesagt - kann man die Story schwerlich als wirklich genial bezeichnen, denn diese Schwächen widersprechen dem, was man im Allgemeinen als genial ansieht (“genial” laut Fremdwörterduden: “großartig, vollendet”).

Blöde Sache, oder? Der bekannte Autor, der landauf, landab über die Phantastik doziert, macht einen solchen Fehler. Und jeder kann den jetzt “hören” und das Netz wird ihn nicht mehr “vergessen”. Und das trifft auf Millionen anderer digitalisierter Äußerungen zu, die Millionen anderer Menschen jetzt oder später gerne wieder einfangen würde ... Chef-Schelte, Kotz-Videos, Wutausbrüche - was auch immer ...

Wie geht man damit um? Neben der Verweigerung der Teilhabe gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Neues Schreiben (vorsichtigeres, zurückhaltendes ... unehrliches Schreiben) aneignen oder Neues Lesen lernen.

Auf die Verweigerung der vernetzten Kommunikation gehe ich jetzt nicht ein, das ist ein anderes Thema. Auch ein anderes Thema ist, dass man sich oftmals nicht verweigern kann, obwohl man dies vielleicht vorzöge.

Neues Schreiben (darunter fällt auch das Posten von Video, Audio - gemeint ist jede ‘Lautäußerung’ im Netz) ist im Grunde das, was die meisten Medien und Bildungsinstitutionen als Ratschlag anbieten: Sei vorsichtig! Denk drei Mal nach, bevor Du einmal schreibst! Halte möglichst viel zurück! Denke strategisch! Stell Dich vorteilhaft dar!

Ja ja, das ist sicherlich das Klügste ... Aber ist es auch das, was ich sein will? Nöö. Denn das bin ich nicht, zumindest nicht nur. Ich bin nicht nur vorsichtig; ich bin impulsiv, manchmal einfach mitteilsam und will, wenn schon darstellen, dann mich darstellen, wie ich bin. Aber das ist natürlich nur ein persönliches Problem.

Vor allen Dingen kollidiert das Neue Schreiben aber mit grundlegenden Freiheits- und Demokratiegedanken. Das kontrollierte Posten von Inhalten, die in erster Linie mit dem Blick auf ihre eigenpositive Wirkung angefertigt wurden, stellt nichts weniger dar als die Schere im Kopf und ist somit Zensur aus vorauseilendem Gehorsam.

Zu Freiheit und zu demokratischem Zusammenleben gehört aber, sich gemäß der eigenen Überzeugungen einzubringen. Es ist letztlich der berühmte Habermas-/Apelsche herrschaftsfreie Diskurs, der vom Neuen Schreiben unterdrückt wird und somit ein Rückschritt bis mindestens vor die gesellschaftspolitischen Erkenntnisse der späten Sechziger des letzten Jahrhunderts.

Aber da ist doch das Diktat des imaginierten Personalchefs oder des einem in zehn Jahren über den Weg laufenden potentiellen Partners, die beide googeln können ... Wie entkommt man denen?

Gar nicht. Denen kann man nur durch das Neue Schreiben entgegenkommen. Es sei denn natürlich, diese beiden - und alle anderen Menschen - gewöhnten sich das Neue Lesen an.

Das Neue Lesen ist in erster Linie ein kontextbezogenes Lesen, das den Leser auffordert, die Umstände eines Postings immer mitzuberücksichtigen. Im Zeitungsartikel oder wissenschaftlichen Arbeit gelten andere Regeln, als im Small Talk. Privat kann heute öffentlich stattfinden und ist doch nicht das Gleiche wie eine Publikation. Und in sozialen Netzwerken kommt beides vor.

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Öffentliche Kommunikation: nicht immer schlau oder schön ...

Angebereien, Streiche, Unwahrheiten - das sind vollkommen normale zwischenmenschliche Vorkommnisse, die eben auch ihren Weg ins Netz finden können. Auch Lügen sind im täglichen Miteinander nötig, um sich und andere zu schützen und zu schonen. All das ist im Netz ebenso entschuldbar - und sollte entschuldigt werden -, wie wir das üblicherweise in der physischen Welt auch tun.

Selbst so etwas Ekliges wie die Teilnahme an Cybermobbing (solange nicht gerade Rädelsführerschaft beweisbar ist) ist gemein, kann aber prinzipiell entschuldbar sein. Wer meint, das nicht vergeben zu können, sollte an das Glashaus derjenigen gruppendynamischen Prozesse denken, in denen er selbst gefangen ist. Das Neue Lesen geht jedenfalls ebenso nachsichtig mit den Internetteilnehmern um wie mit einem fassbaren Gegenüber, den Sie ja hoffentlich auch nicht sofort verdammen.

Fast jeder Jugendliche hat auf einer Fete schon einmal Scheiß fabriziert, und es ist auch nicht unbedingt unterhaltsam, derartigem Unsinn auf YouTube zuzuschauen. Aber es disqualifiziert ihn oder sie auch in keiner Weise, wenn der Blödsinn mal videotechnisch dokumentiert wurde. Also - Schwamm drüber. Usw.: Unbequemes auch mal überlesen, nicht alles auf die Goldwaage legen, Nachsicht zeigen. Und selbst doch immer versuchen, sich an die Netiquette zu halten! Dann wird es schon was mit dem Netznachbarn ...

Was wir lernen müsse, ist, die neuen Formen der Schriftlichkeit richtig einzuordnen und sie nicht mit der alten Schriftlichkeit zu verwechseln. (Dazu gehören, wie gesagt, auch Foto, Video und Audio - vielleicht sollten wir von neuen Formen unvergänglicher Kommunikationsinhalte reden, wenn das nicht so sozio-bürokratisch klänge.)

Das hat es ja auch schon einmal in ähnlicher Form gegeben. Die grandiose Briefkultur ab dem 18. Jahrhundert in ganz Europa unterschied sehr wohl die gelehrten publizierten Schriften von den manchmal auch gelehrten, oft aber auch einfach persönlichen, frechen, unbedachten und flapsig dahingerotzten Briefen, ohne dass letztere gleich den Ruf ihrer Schreiber wie Voltaire, Goethe oder Heine in den Dreck gezogen hätten.

Für den gefürchteten, angeblich IT-belesenen Personalchef unserer Zeit heißt das: Lerne das Neue Lesen! Trenne Privates von beruflich Relevantem und erinnere Dich vor allem daran, dass Du früher in der Jugend und heute im Privatleben auch anders auftratest und -trittst.

(Wenn es dann aber bei aller hoffentlich nun einsetzenden Fairness doch einfach nicht zu ertragen ist, dass jemand sich so und so darstellt, dann ist es wahrscheinlich sowieso besser, dass diese beiden nicht beruflich zusammenkommen.)

Das Neue Lesen ist jedenfalls dem zur Zeit viel vehementer geforderten Neuen Schreiben weit überlegen: Es ist ehrlicher, entspricht unserem sozialen Wesen viel mehr und es hilft, Öffentlichkeit und demokratische Teilhabe zu erhalten, die das Neue Schreiben durch die Schere im Kopf in der Tat bedroht.

So, und jetzt rümpfen Sie bitte nicht mehr die Nase über die Castle Age-Battle Requests auf meiner Facebookseite, die gehören nämlich manchmal auch zu mir ...



Freitag, 30. Juli 2010

Traumfragment

Nachdem ich heute Nacht ziemlich lange einen Traum geträumt habe, in dem es um ständige Anstrengungen, Ängste und diffus-gefährliche Situationen ging, wachte ich frühzeitig auf und konnte mich nur noch an das Ende des Traumes erinnern. Es war eine zutiefst traurige Szene, die man, bei entsprechend misanthropischer Grundstimmung, als gleichartiges Ende einer jeden Geschichte bezeichnen könnte:

[Die Szene scheint auf einer leeren Ebene zu spielen, unterbrochen nur von zackigen, aber nicht allzu großen Gebilden, die ebenso gut Steine wie Schrott sein könnten. Der Himmel ist gelb und hängt tief über dem Land. Ein paar Wolkenfetzen - oder Rauch? - schweben nahe des Bodens in der Luft. Dieser Boden ist dreckig und von Pfützen bedeckt.]

Sie erhoben sich langsam und blickten müde über die weite, desolate Ebene hinweg. Sie waren verschwitzt und stanken und viele bluteten. Und es waren nicht nicht mehr alle dabei, auch wenn die meisten es geschafft hatten.

Der junge Chris fragte: "Und das war es nun? Das war alles, was wir erreichen konnten?"

"Ja", antwortet irgendjemand.

"Und das wird immer so sein?"

"Ja."

"Und deshalb werden wir immer diese Geschichte erzählen?"

"Ja."

Chris schüttelte den Kopf und begann loszustapfen ...

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(Foto aus "Anwyn" von Juxart; www.juxart.de)

Donnerstag, 10. Juni 2010

Thilo Sarrazin trägt kräftig zur Verdummung des Volkes bei

Der Bundesbankvorstand und ehemalige Berliner Senator Thilo Sarrazin beklagte sich auf einer Veranstaltung zum Thema Bildung, dass Deutschland "auf natürliche Weise verdumme", und dass dies an den Einwanderern liege, schreibt der Spiegel gerade. Nun, für seine rassistischen Ausfälle ist der Mann ja bekannt, aber das mit der Verdummung hat er nicht kapiert und ist damit selbst ein viel stärkerer Faktor bei der Volksverdummung als die MigrantInnen.

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Herr Sarrazin beklagt nämlich, dass MigrantInnen in der Regel weniger gebildet seien als Einheimische - womit er leider Recht hat. Aber das liegt an den mangelnden Bildungsmöglichkeiten in den Herkunftsländern und außerdem kann man dem abhelfen, denn Bildung ist vermittelbar, an jede, jeden und in allen Altersstufen. Und Bildungsdefizite als kultureller Minderbesitz haben nicht das Geringste mit Intelligenz zu tun, weshalb sie auch nicht zum Verdummen beitragen können.

Aber so etwas Ähnliches muss auch Herr Sarrazin mal gehört haben, denn im Weiteren sprach er gar nicht mehr Bildung, sondern in der Tat von Intelligenz und befand, dass MigrantInnen nur über mindere Intelligenz verfügten. Das sagt aber hauptsächlich etwas über die Bildung und dann auch die Intelligenz von Herrn Sarrazin aus.

Wäre er nämlich gebildet, wüsste er, dass erstens alle Versuche, unterschiedlichen Ethnien Intelligenzunterschiede pauschal nachzuweisen, gescheitert sind. Und er wüsste - hat der arme Mann nicht einmal Geschichtsunterricht gehabt? -, dass gerade Völkerstämme aus dem vorderasiatischen Raum der Menschheit die Kultur und die Wissenschaften gebracht haben, was schon aus stammesgeschichtlicher Sicht Minderintelligenz ausschließt.

So viel zu Herrn Sarrazins Bildung - er könnte ja mit MigrantInnen die Schulbank drücken, um sich wenigstens ein bisschen diesbezügliches Niveau anzueignen. 

Aber der Mann war Senator und ist Bundesbankvorstand - verantwortungsvollste Posten, die von Intelligenzlern bekleidet sein sollten. Da der Mann aber seine offensichtlichen Defizite nicht erkennen kann, ist ein Intelligenzmangel zu befürchten ... in der Vorstandsetage der Bundesbank - oh wei. 

Sarrazin hat also doch recht: Wir Deutschen verdummen durchschnittlich, wenn schon unsere 'Besten' solche Schwächen zeigen. Außer - aber das wollen wir ja mal nicht vermuten - der Mann würde das einfach alles aus boshaftem, rassistischem Kalkül erzählen und weil sich in diesen führungslosen Zeiten so trefflich am rechten Rand Aufmerksamkeit erheischen lässt.



Montag, 7. Juni 2010

Wir für Gauck - bitte unterschreiben!

Ein bisschen spät, aber nicht zu spät (ich hatte leider schon wieder Schwierigkeiten mit meinem Blog, dieses Mal war der Server von Google schuld) ein Hinweis: Die Site Wir für Gauck online gegangen, eine Internetseite, die dazu aufruft, eine Petition zu unterzeichnen, die fordert, dass Joachim Gauck zum Bundespräsidenten gewählt wird.

Das kann ich nur unterstützen. Zum Einen weil Herr Gauck ein integrer, ehrenwerter Mann und durch und durch Demokrat ist, obwohl ich mit ihm politisch persönlich nur teilweise übereinstimme. Aber er wäre ein guter, überparteilicher und mutiger Präsident, der sich für die Belange des Volkes einmischt, was man von der Politik ja leider immer weniger sagen kann, die mehr und mehr nur sich selbst beachtet.

Zum Anderen nämlich geht es, wie ich finde, auch darum, Merkels reine Machtspielchen zu durchkreuzen oder wenigstens zu zeigen, dass man die Spielchen durchschaut und ablehnt. Es geht der Kanzlerin doch überhaupt nicht um die Person Wulff, sondern allein um Taktiererei! Die Rheinische Post schrieb Anfang letzter Woche, dass es manche Quelle in Berlin gäbe, die bestätige, dass Frau Merkel seit ihrer Wahl letzten September nur noch an eines denke - an die nächste Bundestagswahl. Das glaube ich unbesehen.

Wulff wird nicht zu verhindern sein, aber Aktionen wie die der Site Wir für Gauck werden immer wirksamer. Auch diese Site wird Wulff nicht verhindern, aber sie ist ein weiteres wichtiges Bausteinchen auf dem Weg zu mehr Bürgerbeteiligung. Und um die muss es gehen, wenn unverantwortliche PolitikerInnen wie Frau Merkel durch ihre kurzsichtigen Taktiken die Politikverdrossenheit schüren, bis irgendwann wieder ein Extremist ans Ruder gewählt wird ...

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie auch unterzeichnen!


Donnerstag, 27. Mai 2010

Vom handfesten Wert der Bücher, ja des Informationszugangs überhaupt

Die Anzahl von Büchern in einem beliebigen Haushalt weltweit ist der wichtigste Prädikator für das formale Bildungslevel, das Kinder statistisch gesehen in diesem Haushalt erreichen werden; wichtiger noch als das Einkommen, wichtiger auch als der Bildungsstand der Eltern. Einfach gesagt gilt, dass in der Rückschau auf den Bildungsweg von Kindern diejenigen einen umso höheren formalen Bildungsabschluss erreichen, je mehr Bücher im Haushalt der Eltern vorhanden waren. Die Anzahl von Büchern in einem Haushalt erlaubt also eine zuverlässige relativ Voraussage, welchen Abschluss die Kinder erreichen werden. Das wurde jetzt in einer groß angelegten, über 20 Jahre und weltweit durchgeführten Studie eindrucksvoll bestätigt: EScienceNews

Neu ist diese Erkenntnis nicht unbedingt, denn dementsprechende internationale Bildungsstudien haben schon immer in diese Richtung gewiesen, aber es ist noch nie so eindrucksvoll bestätigt worden. Das war überhaupt so das beeindruckendste aus meiner Zeit als Bildungsforscher am Institut für Schulentwicklungsforschung in Dortmund - dieser Befund war immer stabil.

Natürlich muss man diese Ergebnisse mit den Augen der Statistik sehen - wer versäumt hat, seinen Achtjährigen in der Vorschulzeit und in der Schule zu helfen, der erreicht auch keine Gymnasialempfehlung dadurch, während des vierten Schuljahr 500 Bücher auf dem Flohmarkt zu erwerben. Aber generell gilt eben doch, dass Buchbesitz mit Bildungsaffinität durch durchschnittlich höheres Wissen einhergeht. In der Regel werden die vorhandenen Bücher eben doch benutzt, und nichts regt Nachahmung besser an als die Vorbildfunktion der Eltern.

Und dabei kommt es überhaupt nicht auf die Zusammensetzung der heimischen Bibliothek an - niemand muss sich schweren Herzens durch die Buddenbrooks, Eichendorffs gesammelte Gedichte und die Werke Platons im altgriechischen Original quälen, der dies nicht möchte. Der Einfluss auf die Kinder entsteht durch Bücher aller Art; schon die gesammelten 2500 Perry Rhodan-Bände oder das komplette Das Schwarze Auge sind wirksam.

Nur ... lassen Sie sich überhaupt von Ihren Kindern ab und zu mit einem Buch in der Hand erwischen. Und wer täglich GZSZ braucht, richtet auch nix Schlimmes an, erst wenn Sie nur GZSZ, GNTM, DSDS und was weiß ich für ´nen Murks (WWIFNM) sehen, während das einzige Buch im Haus die Bedienungsanleitung fürs Handy ist, geben Sie ein schlechtes Vorbild ab.

Doch wird es so bleiben, dass Buchbesitz der wichtigste Prädikator für die Bildung von Kindern ist? Ich glaube nicht beziehungsweise nehme an, dass man eben unbedingt E-Books und auch sonstige digitale Informationsquellen hinzuziehen muss. Bildung läuft schon jetzt nicht mehr nur in Form von Buch- und Zeitungskonsum ab, die Vernetzung spielt eine große Rolle.

Und deren Bedeutung wird zunehmen. So ein Ding wie das iPad wird vielfach angeboten werden, es wird billiger werden und es wird den kombinierten Informationskonsum durch das geschriebene Wort, Animation, Film und Audio selbstverständlich werden lassen. Das erfordert natürlich eine darauf ausgerichtete Ausbildung, die lehrt, wie man die so dargebotenen Informationen einzuschätzen hat. Das jetzt schon vielerorts selbst in der Bildung anzutreffende unkritische Zitieren von Wikipedia etwa, ist weniger prickelnd.

Aber ob 2,5 kg schwerer Lederschmöker oder iPad; die Vorbildfunktion im Mediengebrauch wird unverändert bleiben und wie Sie damit umgehen, wird sich an Ihre Kinder weitervererben.


Dienstag, 25. Mai 2010

Ein Jahr Facebook-Erfahrungen - Teil 4, das Kommunizieren


Seit einem Jahr bin ich jetzt Mitglied bei Facebook, dem größten der social networks, Grund für einen kleinen Erfahrungsbericht in vier Teilen. Dies ist Teil 4, der Abschluss dieser kleinen Reihe, und dreht sich um die Besonderheiten der Kommunikation.

Stellen Sie sich vor, Sie seien in einer riesengroßen Kneipe, oder einer Aula oder Stadthalle, in der irgendein großes Fest stattfindet, und Sie könnten alle Gespräche, die dort geführt werden, hören. So ähnlich findet Kommunikation auf Facebook oder in anderen social networks wie MySpace oder den VZs statt. Das kann doch sehr anregend sein, oder?

Natürlich wissen auch alle anderen, dass man ihnen zuhören kann. Also werden sie wahrscheinlich nicht Zeuge einer Unterhaltung werden, bei der ein Freund dem anderen erzählt, dass er seine Frau betrügt. Oder in der eine Freundin der anderen darlegt, wie es ihr gelang, Steuern zu hinterziehen. Intimitäten aller möglichen Art werden Sie also - hoffentlich, denn die sollte niemand ausposaunen - nicht zu hören bekommen. (Und ich würde mir auch gut überlegen, ob ich sie per PM erzähle, denn man kann nicht wissen, wer auf diesen Plattformen alles mitlesen kann. Wenn schon Geheimnisse per Mail austauschen, dann nur sicher verschlüsselt.)

Die öffentliche Kommunikation in den Kommentaren auf den Profilen oder in einzelnen Gruppen ist eben genau das - für die Öffentlichkeit bestimmt. Was man bei ihrer Einschätzung berücksichtigen sollte.

Denn vielfach wird sich diese Art zu kommunizieren als sinnarm, oberflächlich und meist unverbindlich darstellen, sowie da, wo in Gruppen pointiert Themen oder Thesen vertreten werden, oftmals laut, überspitzt und vielfach verletzend daherkommen, wobei sie aber meist nicht ganz so hart gemeint ist, wie sie formuliert wird.

Dessen sollte man sich bewusst sein beim Mitlesen. Aber das ist nicht alles.

Denn die öffentliche Kommunikation kann genauso gut offen, ehrlich, herzlich, ja zärtlich sein und das Gefühl spenden, nicht allein zu sein, auch wenn man alleine vor dem Rechner sitzt. Man muss das “anstupsen” oder VZs “gruscheln” nicht mögen - ich mag’s nicht -, doch der Grundgedanke, dass da draußen jemand ein bisschen bei einem ist, ist schön. Und in gewisser Weise ist man ja auch nicht allein, denn die Kommunikationspartner sind ja mit den Gedanken bei einem. Ein Ersatz für echte Nähe ist dies zwar ganz klar nicht, aber wärmen kann einen dies virtuelle Herdfeuer doch ein bisschen.

Und diese Art der öffentlichen Kommunikation hat für die Schreibenden durchaus das Potenzial, ihnen zu erlauben, sich zu öffnen, etwas von ihren Sorgen und Ängsten damit abzubauen, während die Mitleser, die all diese Gefühle ja auch kennen, sehen, dass sie mit ihren dunklen Momenten nicht allein sind. Es gibt da ein sehr schönes Beispiel auf YouTube.

Kennen Sie den Song The Living Years von Mike & the Mechanics? Er handelt von dem tiefen Bedauern eines Sohnes, der nach dem Tod des Vaters erkennt, dass er sich nie richtig mit ihm ausgesprochen hat, und dass es nun zu spät dafür ist - ein tolles Lied ... Eine alte MTV-Version dieses Liedes steht auf YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=uGDA0Hecw1k) und noch berührender als das Lied selbst sind die Dutzende Kommentare, die darunter stehen. So viele Menschen, die von ihren Vätern und ihrer Trauer berichten; echte Trauerarbeit, teilweise Jahrzehnte später. Auch das können Netzwerke leisten - schauen Sie es sich bei Gelegenheit mal an.

Sie hat ihre Grenzen, diese Kommunikationsform, aber ihren begrenzten Zwecken dient sie sehr gut. Sie kann Lust auf neue Bekannte machen, sie hält alte Bekannte zusammen und sie hilft Freunden, die Trennungszeiten leichter zu machen.

Aber das gilt für das gesamte System Facebook, oder MySpace, VZ und ähnliche. Sie sind, insgesamt gesehen, zweifellos eine Bereicherung und ich freue mich, dass es sie gibt. Man muss mit ihnen umzugehen lernen, aber das ist leicht und schon der gesunde Menschenverstand kann einem fast alles sagen, was man beachten sollte. Sie fressen Zeit, aber die ist mindestens so sinnvoll verbracht, wie bei jeder rein konsumierenden Beschäftigung wie etwa dem Fernsehen. Es gibt vieles, was sehr viel wichtiger ist im Leben, doch so wichtig, dass ich dabei bleibe, ist mir FB allemal.

Es war ein schönes Jahr auf Facebook, ich freue mich auf die weiteren.

ENDE

Mittwoch, 19. Mai 2010

Ein Jahr Facebook-Erfahrungen: Teil 3, Die anderen Leute

Sorry, dass es dauerte, aber mein Hauptrechner war mit dem ungesicherten Text dieses Vierteilers abgerauscht und befand sich eine Woche in Reparatur. Ich bin froh, dass es nicht die Platte erwischt hatte ...

Seit einem Jahr bin ich jetzt Mitglied bei Facebook, dem größten der social networks, Grund für einen kleinen Erfahrungsbericht in vier Teilen. Dies ist Teil 3, in dem ich erzähle, was mir an den anderen auf Facebook so auffällt.

Einfaches Lesen von Facebook-Profilen kann schon eine faszinierende Beschäftigung sein. Da werden Wortfetzen veröffentlicht, Witze angedeutet oder erzählt, Stichworte führen zu Kommentarkaskaden und manchmal finden ernsthafte Gedankenaustausche statt.

Die Presse mokiert sich relativ häufig über die Sinnlosigkeit von Befindlichkeitsäußerungen und Statusmeldungen der Art “Trinke Kaffee”, “habe Kopfschmerzen”, “gehe zu Bett”. Blödsinn! Es gibt Leute, denen bedeuten selbst diese unbedeutenden Informationsfetzen etwas, und für die wird das geschrieben. Allen anderen genügt eine Sekunde des Überfliegens, um mit den Augen weiter zu huschen, bis sie was Interessanteres lesen. Niemand wird gestört, der sich nicht gestört fühlen will.

Ja, es gibt auch Dinge, die mich nerven. In FB sind das besonders die Statusmeldungen der Art “Wer seine Kinder/Partner/Eltern/Hunde/Ascheimer liebt, der lässt diese Statusmeldung für eine Stunde in seinem Profil stehen”. Und ja, das animiert zum Brechen ... aber mein Gott, auch darüber kann ich hinweglesen ...

Das Hinweglesen kommt von ganz allein. Ich gehe jetzt mal eben rüber in den Browser und schaue auf meine Startseite: 43 Statusmeldungen, zwei Drittel von Leuten, die ich nicht wirklich kenne, die meisten dieser Meldungen aus Spielen heraus generiert. Diejenigen, die ich kenne, posten u.a.: einen YouTube-Link, jemand schreibt, er fahre zum Flughafen, eine meldet, dass sie die Software Digsby zum 1000sten Male genutzt habe, einer hat gerade Blumen gekauft. Fazit: recht belanglos.

Und so ist es meistens. Aber der Blick hätte auch nur Sekunden gedauert, wenn ich nicht gerade für Sie gezählt hätte. Was verliere ich also, wenn ich die Seite sporadisch im Blick behalte? Ein, zwei Minuten am Tag. Was gewinne ich? Also mindestens einmal täglich ist was Interessantes, Neues, Berührendes, Lustiges dabei. Und das gewinne ich durch die Investition von ein, zwei Minuten täglich.

Und außerdem finde ich es auch eine beruhigende Lebensäußerung, wenn jemand schreibt, er fahre jetzt zum Flughafen oder sie kaufe Blumen. Und der belanglose Blumenkauf ist für zwei Leute nicht belanglos, für den Käufer und den Empfänger nämlich und für die freue ich mich, dass sie etwas kleines Schönes teilen werden.

Ich gewinne vor allem Einblicke in das Leben anderer Menschen. Und Menschen interessieren mich. Freunde und Bekannte sowieso, aber auch Fremde. Und was die Fremden angeht, ist das mit den FB-Spielen einfach faszinierend.

Glücklicherweise nehmen ja fast alle den Datenschutz wenigstens ein bisschen ernst und öffnen ihre Profile nicht für alle Menschen. Also erführe ich nur etwas von Freunden und Bekannten, wenn es nicht die Spiele gäbe. Für die muss man sich nämlich mit anderen fast immer ‘anfreunden’, so dass man auch deren Profile lesen kann. Und das sind wirklich Leute aus aller Welt. (Ich weiß, eigentlich wäre es besser, wenn man Freunde und Mitspieler irgendwie trennen könnte, aber mir gefallen die kleinen Einblicke auch irgendwie.)

Also lese ich bei der einen Engagement gegen die British Nationalist Party - schön. Bei einer anderen verstehe ich kein Wort - klar, eine Malayin, die in der Landessprache schreibt. Dieser Typ hingegen schreibt mal chinesisch, mal Englisch und anhand der englischen Meldungen gewann ich in den letzten Wochen den Eindruck, dass es ihm trotz hartem Job ziemlich gut geht. Dann wieder diese Amerikanerin, die sich für die Tea Party-Bewegung einsetzt und oft ziemlich rechtsextremen Stoff postet, der immer wieder von herrlicher Ignoranz der Weltlage zeugt. Eigentlich wollte ich die ja blocken, aber andererseits ist es gut zu wissen, was die anderen so fühlen, auch wenn sie mir politisch so gar nicht passen. Oder der Typ, der mindestens einmal wöchentlich seinen Stolz auf die us-amerikanischen Streitkräfte postet. Auch nicht meine Wellenlänge, aber er engagiert sich zuhause auch sozial.

Ob das alles so stimmt, was die posten? Ich denke in den meisten Fällen schon. Das scheint mir zu allergrößten Teilen doch sehr authentisch zu sein. Menschliche Schnappschüsse aus den USA, China, Saudi-Arabien, Südafrika, Australien, Großbritannien, Litauen, Russland, Spanien - ich mag das sehr! Und manchmal komme ich für ein paar Zeilen auch mit jemandem ins Gespräch. Das ist dann besonders cool.

Wie gesagt: Es gibt keine echte Vertrautheit bei reinen Onlinekontakten. Aber es gibt das Kennenlernen von interessanten Menschen, bei denen man sich vorstellen kann, dass man mit ihnen befreundet sein könnte, wenn sie wirklich so sind, wie sie online erscheinen. Es wird wahrscheinlich so gut wie nie zu diesem real life-Kontakt kommen, aber ohne Netz und Facebook, hätte ich nie erfahren, dass es den oder die überhaupt gibt.

Der vierte und letzte Teil über die Besonderheiten des Kommunizierens in Facebook und social networks kommt nach Pfingsten. Bis dann ...

Mittwoch, 12. Mai 2010

Ein Jahr Facebook-Erfahrungen: Teil 2, Die Spiele

Seit einem Jahr bin ich jetzt Mitglied bei Facebook, dem größten der social networks, Grund für einen kleinen Erfahrungsbericht in vier Teilen. Dies ist Teil 2, der sich um eine Facebook-typische Besonderheit dreht, die es so exzessiv lange nicht in allen Netzwerken gibt: die Spiele.

Die zeitraubende Sogwirkung von Facebook entsteht einerseits durch die Software-Angebote, hauptsächlich die Spiele, und durch die Kontakte, gerade auch die Beobachtung von Kontakten andererseits. In diesem zweiten Teil geht es um die Spiele.

Alle FB-Spiele, die ich kenne - Mafia Wars, Farmville, Zoo World, Castle Age - basieren auf der Befriedigung des Sammeltriebes: Durch regelmäßige Teilnahme und den Aufbau eines wachsenden Kreises von Mitspielern, Teammitgliedern, Mitkämpfern verbessert man Fähigkeiten und vermehrt den Besitz an Zootieren, Feldfrüchten, Waffen usw. Das ist schlicht, aber es funktioniert bei Millionen von Menschen, auch bei mir.

Und ja, ich gebe sogar echtes Geld für virtuelle Gegenstände aus. So lange das im Rahmen bleibt, ist das nur halb so dämlich, wie es sich anhört. Denn es ist ja gar nicht so, dass man Euronen für Nichts hinblättert. Das Geld wird ja nicht für die in der Tat nicht vorhandenen Gegenstände ausgegeben, sondern für den Unterhaltungswert, den diese Gegenstände bringen. Gebe ich ein paar Euros aus, so kann ich mit den erworbenen Dingen lange Zeit auf einem Level mitspielen, das ohne diese nicht oder nur durch ungleich mehr Zeitaufwand möglich wäre. Da ich von vielleicht 10 Euro in auch nicht jedem Monat rede, aber sicherlich pro Monat zehn Stunden spiele, ist das immer noch deutlich günstiger als ein Kinobesuch.

Der Kinobesuch ist nicht zu vergleichen, weil er als kulturelles Erlebnis ungleich wertvoller ist, denn hirnloses Onlinespielen? Mag sein, aber nicht bei meiner Kinoauswahl, mindestens die Hälfte der Filme, die ich sehe, sind keine Güter der Hochkultur, sondern dienen einfach dem Ausspannen, wie das Onlinespiel.

Onlinespiele sind natürlich Zeitverschwendung, denn ich könnte diese zehn Stunden im Monat sicherlich sinnvoller verbringen. Aber ich verbringe fast den ganzen Tag ‘sinnvoll’ und zielgerichtet. Da freue ich mich, wenn ich ein Lektorat mal für zehn Minuten unterbrechen kann und mal eben in Mafia Wars ein paar Morde begehe oder in Castle Age helfe, den Drachen zu erschlagen. (Das ist pädagogisch bedenklich? Ach, Quatsch, diese Spiele sind von der Realität doch völlig unbeleckt.) So einfach bekomme ich eine kleine Auszeit sonst nicht, von diesen 10 Minuten verschlänge Dragon Age allein schon knapp 5, dafür dass ich rübergehe, die Konsole einschalte und das Spiel starte.

Bedenklich ist bei diesen Spielen nur die Sogwirkung. Die verspüre ich zwar, aber dem Sog zu widerstehen finde ich leicht, also spiele ich weiter. Aber ich sehe auch, dass andere da anders mit umgehen, und zwar so, dass ich nicht glauben kann, dass ihnen das gut tut. Durch die Statusmeldungen von Spielern kann man sehen, wie oft und wie lange jemand spielt, und das finde ich manchmal gar nicht so gut, obwohl es mich natürlich nichts angeht.

Durch die Spiele habe ich eine ganze Reihe von FB-’Freunden’, die ich nur als Mitspieler kenne, sonst weiß ich nichts über sie. Da ist beispielsweise dieser ältere, männliche US-Amerikaner, der fast rund um die Uhr 10 und mehr verschiedene Spiele spielt. Er schläft offenbar nur sehr wenig und scheint auch nicht mehr zu arbeiten, denn in fast jeder Stunde des Tages schickt er mindestens eine Statusmeldung aus einem Spiel heraus. Das ist eine Nutzung, hinter der kein ausgeglichener, zufriedener Mensch stecken kann, oder? Und er ist nicht der einzige, der so spielt. Meist sind es übrigens Frauen, die dieses Übermaß an Spielmeldungen produzieren.

Der Verdacht liegt nahe, dass in diesen Leben das reale Leben und die Familie, Freunde, Sport, Arbeit eine zu weit untergeordnete Rolle spielen. Da muss jeder selbst drüber nachdenken, was gesunde Ablenkung ist und ab wo es bedenklich wird. Und bei Kindern und Jugendlichen ist sicherlich Aufklärung und Begleitung nötig, um zu helfen, dass sich Prioritäten nicht verschieben. Und Arbeitgeber kann ich schon verstehen, wenn sie die Nutzung von Onlinespielen untersagen. Ich werde nach den Texten bezahlt, die ich schreibe oder überarbeite, aber wenn jemand nach Zeit bezahlt wird, ist der Wunsch, dass diese ungeteilt dem Bezahlenden gehört, legitim.

Ein Gedanke dazu nur noch: Wenn jemand so exzessiv spielt ... trägt das Spiel die Schuld daran? Oder läuft da nicht etwas anderes schief - Einsamkeit?, Angst? -, dass er oder sie sich so an diesen unzureichenden Ersatzerlebnissen festhält?

Aber insgesamt gesehen, sollte man die Kirche im Dorf lassen. Die Spiele sind schon ganz OK, wie immer ist es die Dosis, die ein Gift draus macht.


Montag, 10. Mai 2010

Ein Jahr Facebook-Erfahrungen: Teil 1, Die Kontakte

Seit einem Jahr bin ich jetzt Mitglied bei Facebook, dem größten der social networks, Grund für einen kleinen Erfahrungsbericht in vier Teilen. Dies ist Teil 1 und handelt vom Kern des Netzwerks, den Beziehungen.

Am wichtigsten an einem social network sind die Kontakte und Beziehungen. Was auch immer man alles an Einwänden gegen die Netzwerke bringen kann, so fällt mir zu dieser grundlegenden verbindenden Funktion nichts Negatives ein. (Missbrauch zu Betrugs- und anderen Zwecken lassen wir mal außen vor und reden nur von bestimmungsgemäßem Networkgebrauch.) Einige Besonderheiten gibt es aber schon.

So kenne ich beispielsweise von meinen augenblicklich etwa 320 FB-’Freunden’ nur die Hälfte persönlich und bin froh, dass ich diese Verbindung zu ihnen habe, weil ich so auf einfache Weise ein bisschen von dem mitbekomme, was sie so treiben. Aber die anderen, rein virtuellen Beziehungen, die haben auch etwas ...

Und es ist mir völlig egal, wie gehaltvoll oder -leer deren Statusmeldungen sind, es ist einfach nett, auf einen Blick etwas von all diesen Leuten etwas zu ‘hören’.

Teilweise bekommt man wichtige Infos, die sonst vielleicht an einem vorbeigegangen wären, über Link-Tipps lernt man interessante Dinge aus dem Netz kennen, auf die man allein nie gestoßen wäre, teilweise erfährt man Sachen von Bekannten, die einem so gar nicht bekannt waren (“Ey, die taucht ja auch”, “Cool, der engagiert sich gegen Rechts”).

Wie soll ich es beschreiben? Ja ... vielleicht mit diesem Bild. Durch das, was Kontaktpersonen in FB posten - und das ist bei MySpace, Wer kennt wen, den VZs usw. nicht anders - habe ich das Gefühl, ich “komme mehr raus”. Ich bin etwas näher dran am Leben meines Freundes- und Bekanntenkreises als ich es ohne FB wäre.

Das ersetzt echte Kontakte in keiner Weise! Ich glaube immer noch daran, dass echte Vertrautheit nur über real life-Kontakt geht, so wie ich es schon 1997 im CMC-Magazine beschrieben habe und vor kurzem im Interview mit einer lettischen Forscherin hier und hier aktualisierte.

Deshalb würde ich auch keine einzige Minute Treffen im Café gegen eine Stunde FB eintauschen. Aber ich möchte die social networks auch nicht missen und kann in ihrer Vernetzungsfunktion per se keine Nachteile erkennen.

Ja, ja ... man muss schon ein bisschen aufpassen. Nichts preisgeben, was sich gegen einen wenden kann usw. Das muss und kann man lernen. Sehr einfach sogar, denn es gibt nur ein paar Regeln zu beachten, und auf die weist einen eigentlich der gesunde Menschenverstand schon hin.

Dass sich trotzdem viele in social networks durch ihr Verhalten selber schaden, dem muss man durch Aufklärung begegnen. "Bewegen im Netz" als eigenes Schulfach - das wäre es. Und Kindern müssen die Eltern zur Seite stehen. Es ist doch ganz einfach Verhalten in der Öffentlichkeit, was man praktiziert, wenn man etwas postet. Kotzen Sie im Stadtpark besoffen in die Hecke? Nee, oder? Dann tun Sie es auch nicht auf FB. Daran einfach schon einmal jedes Mal denken ...

Und der Datenschutz? Aber natürlich ist der ganz, ganz wichtig, denn die Hoheit über die eigenen Daten ist eines der wichtigsten Besitztümer, die wir haben. Aber deshalb muss ich ja nicht gegen die Funktionen von social networks sein. Ich muss nur dafür plädieren, dass die networks als Kontaktbasis sich an Datenschutz halten. Was Facebook nicht tut, eindeutig. Und das ist auch, was mir das Vergnügen FB schon fast wieder vermiesen kann ...

Voraussichtlich Mittwoch folgt Teil 2, über die Spiele - bleiben Sie mir gewogen.

Freitag, 7. Mai 2010

Ein Jahr Facebook - Erfahrungen und Beobachtungen

Seit einem Jahr bin ich jetzt Mitglied bei Facebook, dem größten social network der Welt, in dem unter anderem schon jeder zehnte Deutsche Mitglied ist. Als der Kommunikationswissenschaftler, der immer noch in mir drin steckt, ist das Anlass für einen Rückblick.

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Grund, Mitglied bei Facebook zu werden, war die strategische Überlegung, dass ich als freiberuflicher Autor problemlos aufgefunden werden möchte, egal wer wo nach mir oder einer der Dienstleistungen suchen würde, die ich anbiete. Das bedeutet: Internetpräsenz mit eigenen Sites, Blogs, Twitter, Business Networks wie Xing und Social Networks, also ganz sicher auch das größte. Mehr als meinen Namen dort unterzubringen, wollte ich eigentlich nicht.

Das war der Plan und nun läuft Facebook in einem Browserfenster eigentlich ständig mit, und immer wenn ich eine kleine Pause mache, mir einen neuen Kaffee hole oder bevor ich die Kiste nachts ausschalte, schaue ich einmal bei FB rein. Es entfaltete sich doch eine nicht erwartete Sogwirkung, die dafür sorgt, dass ich eine ganze Menge Zeit auf den Seiten von Facebook verbringe. Aber da ich beispielsweise gar nicht fernsehe, ist es doch relativ undramatisch, wenn ich etwa eine Stunde pro Tag bei FB rumhänge.

Warum ich das mache und warum FB - und andere social networks - eine prima Sache sind, deren Vorteile ihre Nachteile überwiegen, schreibe ich in einer kleinen, vierteiligen Serie in diesem Blog auf. Interessiert? Das freut mich sehr! Abonnieren Sie den Feed, oder meinen Twitter-Account, da werde ich in den nächsten Tagen jeden der vier Teile bei Veröffentlichung ankündigen.

Am Montag geht es los mit dem wichtigsten Thema - den Netzwerkkontakten. Dann wird es um die Spiele gehen. Dem werden Beobachtungen der anderen Leute folgen, die ich auf FB gemacht habe. Die Reihe wird mit einer kurzen Betrachtung der spezifischen Kommunikationsweisen schließen.

Mittwoch, 5. Mai 2010

SF-Vorträge jetzt auch als MP3

Ach, das geht alles so schön einfach an modernen Computern ... Und schon sind die Vorträge der FedCon, Reise zu den (Noch)-Nicht-Orten und Die Prometheus-Papiere (unter diesen Links finden Sie die Verschriftlichungen), mit wenigen Mausklicks geschnitten und schwuppdiwupp hochgeladen.

Falls Sie mir also lieber zuhören als mich lesen möchten, laden Sie doch einfach die Vorträge auf ihren Computer oder MP3-Player. Und entschuldigen Sie das Gestotter am Ende der Prometheus-Papiere, da konnte ich einen handschriftlichen Nachtrag nicht entziffern ... ich hatte immer eine 5 oder 6, als Handschrift noch benotet wurde ...

ohrhoerer

Dienstag, 4. Mai 2010

Vorsicht, Mühsal

Oh je, sehen Sie sich bloß vor, bevor Sie auf polyoinos weiterlesen: Ich selbst lese nämlich gerade im Editorial der MacLife, wie mühsam das werden könnte.

Die Chefredakteurin Charlotte Stanek klärt dort nämlich über das veränderte Kommunikationsverhalten im Netz auf. "Lange Texte sind mühsam zu lesen", steht dort, und ich fürchte, lange Texte sind das, was Sie hier bei mir erwartet.

Statt langer Texte und gut recherchierter Artikel, so Stanek, verändere sich die Kommunikation im Netz hin zu kurzen Texten, besser noch gar keinen Texten und stattdessen knackigen Bildern und kurzen Videoclips.

Die "digital natives" haben keine Zeit mehr, das gedruckte Wort zu lesen und reiten stattdessen auf einer "Welle des Wissens", die nicht auf langwierigem investigativem Journalismus mehr beruht, sondern mit "vermuteten" Sachverhalten vorlieb nimmt, weil die Vermutung schneller als der Beweis ist und deshalb auch schneller ausposaunt werden kann.

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Das alles findet Frau Stanek auch gar nicht schlecht und hält es für den Vorboten eines mehr oder weniger begrüßenswerten "Neosozialismus". Was sie damit meint, erklärt sie nicht im Detail, aber das Wort lässt vermuten, dass damit eine Art Informationsgleichmacherei gemeint ist, in der jeder jeden mit seinen Vermutungen unterhält. Na das ist ja mal eine schöne Art von Newspeak ...

Ist das wirklich so? Ich glaube nicht. Und mein Glaube ist so fest und unerschütterlich, dass ich an dieser Stelle weiterhin Texte im Umfang von zehn DIN-A4-Seiten und mehr produzieren werde, für die ich weiterhin jeweils etwa 10 Bücher lesen werde. Ich hoffe, auch Ihnen wird es nicht zu mühselig werden, zu lesen, und wünsche Ihnen viel Spaß mit Ihren nächsten guten Büchern und der Zeit, FAZ, SZ, Times, Independent, Le Monde usw.

Montag, 3. Mai 2010

Science Fiction, Definition und Geschichte

Die ersten Schritte auf dem Weg zu einem neuen Buch über die Science Fiction sind getan. Am Wochenende habe ich auf der FedCon zwei Vorträge gehalten, die an wesentlicher Stelle in den Betrachtungen von SF stehen: die Definition und Funktionen von SF einerseits und eine kleine Geschichte des Genres, die die SF mit der realen Weltgeschichte verknüpft andererseits, was im Falle dieses Genres von ganz besonderem Interesse ist.

Die Vorträge sind von einem fachkundigen Publikum wohlwollend aufgenommen worden; es scheint, dass ich mich auf einem guten Weg befinde. Aber ich freue mich natürlich über jeglichen Input. Deshalb stehen ab sofort die beiden Vortragstexte hier auf polyoinos zur Lektüre zur Verfügung. Zwei Audioaufzeichnungen werden folgen, sobald ich dazu komme, sie nachzubearbeiten.

Wenn Sie also interessiert, warum die Reflektionsleistungen von SF zeigen, dass das Genre eigentlich ein ziemlich realistisches ist und warum es reicht, SF als "Science Fiction sind phantastische Geschichten, deren irreale Anteile dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand der Autorinnen und Autoren nicht widersprechen." zu definieren, dann lesen Sie doch einmal in die Prometheus-Papiere und in die (Noch)-Nicht-Orte hinein.

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Auf zu neuen Welten ...

Dienstag, 20. April 2010

Der Seidenfluss ist online

Heute ging eine weitere Website von polyoinos ins Netz: der Seidenfluss.

Vielleicht wissen Sie ja, dass ich seit vielen Jahren Kampfkünste betreibe und mich seit einiger Zeit auch mit Energiearbeit und Meditation beschäftige. Gerade in den letzten 5 Jahren hat sich durch die Entdeckung der inneren Kampfkünste sehr viel in meinem Denken und Handeln getan. Über die zugrunde liegenden Prinzipien wollte ich schon länger publizieren und so kam die Idee auf, eine eigene Seite zu dem Themenkomplex ins Leben zu rufen. Diese ist nun seit heute online.

Mit dem Seidenfluss geht es mir darum, die Prinzipien der Kampfkünste und der so eng verwandten Energiearbeit und der Meditation zu erklären. Es geht mir darum, den Reichtum dieser Beschäftigungen aufzuzeigen, vor allem aber darum, die Scheu vor diesen Dingen zu nehmen: Kampfkunst ist kein Kloppen und Meditation ist nicht etwas, das nur erleuchtete Gurus erlernen können. Der Zugang zu beidem ist viel leichter als Sie vielleicht denken, und das zumindest möchte ich verdeutlichen. Mehr als etwas Neugierde braucht es zunächst nicht.

www.seidenfluss.de lädt Sie deshalb zu einer Flussreise zurück in den Osten ein. Einst brachte die Seidenstraße viele asiatische 'Wunder' nach Europa, über die man hier nur staunen konnte. Der Seidenfluss bringt Ihnen nun andere erstaunliche Dinge nahe, die mehrheitlich auch im Osten ihren Ursprung haben. Über einen Besuch würde ich mich sehr freuen, und wenn Sie wollen, können Sie sich auch beteiligen, denn eine solche Reise unternimmt man besser nicht alleine.

Die Seite wird ständig erweitert werden, aber jetzt schon finden Sie dort gut zehn grundlegende Artikel zu den Themen Kampfkünste, Gesundheit, Energiearbeit und Meditation. Ergänzt wird das Ganze um einen Blog, in dem ich kürzere Gedanken und Erfahrungen aufzuschreiben gedenke.

Bis bald auf dem Seidenfluss ...

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Samstag, 17. April 2010

Blog umgestellt, bitte neue Feeds abonnieren

Die Umstellung auf Rapid Blog und Blogger ist jetzt vollzogen. Alle alten Beiträge sind jetzt parallel hier und auf Blogger zu finden, alle neuen Beiträge erscheinen unter einer etwas anderen URL - bleiben aber selbstverständlich weiter über die Seitennavigation erreichbar. Wenn Sie aber über neue Postings unterrichtet werden möchten, so müssen Sie neue Feeds abonnieren.

Die neuen Links:
- hier heißt die URL jetzt http://www.polyoinos.de/blog/start.php (also Endung .php statt .html)
- auf Blogger finden Sie das Blog unter http://polyoinos.blogspot.com

Wenn sie auf mein Blog verlinkt haben sollten, so wäre ich dankbar, wenn Sie das änderten. Unter beiden URLs finden Sie RSS-Feeds zum Abonnieren.

Das alte Blogsystem lief immer langsamer, und es war absehbar, dass es in ein, zwei Jahren gar nicht mehr laufen würde. Woran das liegt weiß ich nicht genau, denke aber dass eine html-Lösung für Blogs einer dynamischen Datenbank eben klar unterlegen ist. Das war mir vor zwei Jahren nur nicht klar. Außerdem lief ja seit zwei Monaten die Kommentarfunktion des Anbieters nicht mehr und die habe ich sehr vermisst, da Ihr Feedback sehr wichtig für mich ist.

Gewonnen habe ich zudem die Möglichkeit von jedem Rechner oder auch meinem Handy aus zu bloggen.

Verloren habe ich die Tags und die TagCloud. Das ist schade, aber die Zahl der Tags war doch auch sehr angeschwollen und vielleicht ist es aussagekräftiger, wenn ich in Zukunft eine erweiterte Form von Labels einführe, die zwar nicht ganz so differenziert ist, aber doch eine intelligente Filterung und Suche ermöglicht. Jedenfalls werde ich über die bekannten Labels „inside polyoinos“, „Wissen + Spekulation“, „Meinung“ und „Phantastik“ noch vier, fünf weitere Label einführen.

Also: Alles neu macht der Apreul - bleiben Sie mir gewogen.

Freitag, 16. April 2010

Vom Nutzen der Meditation


Falls Sie sich auch schon einmal gefragt haben sollten, welchen Nutzen denn das Meditieren wohl haben kann und ob das auch etwas für Sie ist oder nur für "esoterische Spinner", so interessiert Sie vielleicht, dass in einer wissenschaftlich abgesicherten, 'nichtesoterischen' Studie herausgefunden wurde, dass die Meditation auch bei geringem Aufwand erstaunlich nützlich sein kann. Einen Kurzbericht bringt dazu gerade Spiegel Online.

Na ja, neu ist das ja wirklich nicht, und auch wissenschaftliche Ergebnisse haben schon vielfach gezeigt, dass Meditation eine sinnvolle Sache ist, um das persönliche Befinden und kognitive Fähigkeiten zu verbessern. Ganz faszinierend zu diesem Thema ist das kleine Büchlein Hirnforschung und Meditation. Ein Dialog des Neurobiologen Wolf Singer und des Molekularbiologen und praktizierenden Buddhisten-Mönches Matthieu Ricard (134 Seiten, der Link führt zu Amazon).

Offensichtlich verhält es sich so, dass das Meditieren erstens die Konzentration fördert, zweitens manche Formen der kognitiven Leistungen verbessert - etwa das räumliche Denken - und drittens psychische Spannungen und Ängste zu mindern vermag.

Diese Wirkungen treten interessanterweise unabhängig davon ein, ob man bestimmte weltanschauliche und/oder religiöse Vorstellungen mit dem Meditieren verbindet. Sie müssen also kein Buddhist sein oder an Energiearbeit glauben, um die genannten Effekte zu verspüren. Es reicht, sich einfach drauf einzulassen, mal zehn oder zwanzig Tage lang eine Viertelstunde zu opfern, und eine einfache Achtsamkeitsmeditation durchzuführen.

Achtsamkeitsmeditation? Ganz einfach. Es ist nicht nötig, denkend siebendimensionale Mandalas entstehen zu lassen oder zu versuchen Ausläufer des Heiligen Geistes im Äther zu erfassen. Es reicht, sich ungestört auf die Atmung zu konzentrieren. Im normalen, aufrechten Sitzen, ganz ohne das rechte Ohrläppchen mit der linken kleinen Zehe berühren zu müssen.

Das ist es wirklich schon: Hinsetzen, auf die Atmung achten, abschalten. Und obwohl das Abschalten nicht klappen wird, reicht es aus, bei jedem aufkommenden Gedanken einfach konsequent wieder zur Atmung zurückzukehren ... und sei dies auch 50 Mal in 15 Minuten nötig. Genauso habe ich angefangen und schon beim ersten Mal gefühlt: "Hmm, das ist aber schön." Mehr war es nicht, aber auch nicht weniger. Und ich blieb dabei.

Nun bin ich zwar weit von jeglicher Erleuchtung entfernt, fürchte ich, aber das Meditieren tut mir weiterhin gut. Es entspannt mich wirklich, es hilft mir, das was ich vor dem Meditieren unterbrochen habe, mit neuem Schwung aufzunehmen und es wird eigentlich immer schöner.

Wichtig ist mir, nochmals zu betonen, dass es keinen Grund gibt, unmäßigen Respekt vor der Meditation zu haben und sich wer weiß was Heiliges drunter vorzustellen. Die Neurowissenschaften zeigen, dass Meditation einfach eine Technik ist, die es unserem Gehirn und unserer Psyche erlaubt, besser zu funktionieren. Das kann ich nur bestätigen, unabhängig davon, wie insignifikant solch eine Einzelmeinung auch immer sein mag.

Es erinnert mich auch daran, wie ich mit dem Tai Chi begann (was wirklich deutlich mehr Aufwand erfordert). Ebenfalls mit viel zu viel Respekt vor der eigentlichen Sache fing ich damit an, aber auch mit einer neugierigen, doch neutralen Erwartungshaltung. Ich habe schlicht nichts erhofft, sondern einfach nur reinschnuppern wollen. Und es war ein Erfolg, der mein Leben bereicherte, wie ich an dieser Stelle beschrieben habe.

Nichts weniger können auch Sie erwarten, wenn Sie sich neugierig, aber respektlos mal an die Meditation wagen. Ein schöner Begleiter - einen Meditationslehrer braucht man für den Beginn nicht - ist dabei übrigens das kleine Buch Meditation für Anfänger von Jack Kornfield.

Versuchen Sie es doch mal, es vergrößert die Welt :-)


Donnerstag, 15. April 2010

Sync-Test

RW zu Blogger ...

Mittwoch, 14. April 2010

Blogsystem zieht um bzw. hier neu ein

Ich stelle gerade auf ein neues Blogsystem um. Das dauert wahrscheinlich 4 - 5 Tage, in denen auf meiner Homepage polyoinos.de "polyoinos: Blog" doppelt in der Navigationsleiste erscheint und in der hier auf Blogger nur ältere Postings zu sehen sind.

Die Basis ist eine Synchronverbindung von Blogger und meinem eigenen Server. Die Blogeinträge erscheinen dann sowohl auf polyoinos.de/blog als auch hier unter polyoinos.blogspot.com.

Blogger erlaubt aber nicht mehr als 50 Blogeinträge pro Tag, so dass es 4 oder 5 Tage dauern wird, bis die alten Einträge umgezogen sind. außerdem muss ich noch etwas mit dem Kommentarsystem von DisQus experimentieren. Dann sollte aber alles wie gewohnt plus der Kommentare laufen, die seit zwei Monaten abgeschaltet sind.

Einziges Manko: Die alten Kommentare ließen sich nicht retten. Das ist bedauerlich, da ein paar sehr schöne, auch wichtige kritische Einträge damit verloren sind. Aber an die Texte komme ich wegen Insolvenz des Anbieters nicht mehr heran.

Bleiben Sie mir gewogen ...

Dienstag, 13. April 2010

Machtmissbrauch, das ist immer noch das Problem mit der katholischen Kirche

Der Krug geht solange zum Brunnen bis er bricht, nicht wahr? Und „brechen“ war denn auch das erste, woran ich beim heutigen Anblick der Zeitung denken musste. Gut, dass der Blick vor der Nahrungsaufnahme fiel. Da hat sich also der Ruhrbischof zum Thema Homosexualität ausgelassen und diese wieder einmal als Sünde verdammt. Das ist aber leider nur auf den ersten Blick lächerlich, denn das eigentliche dahinterstehende Problem ist der immer noch praktizierte Machtmissbrauch des katholischen Klerus. Und damit meine ich nicht einmal das von ihm extra für Kinder aufgestellte elfte Gebot „Du sollst alles tun, was Dein Priester sagt!“ Das Maß ist voll, der Krug gebrochen ...

Jeder aufgeklärte (ich meine die kantsche Aufklärung) Mensch sollte mit einem Achselzucken über diesen Schwachsinn von der Sündhaftigkeit gleichgeschlechtlicher Liebe hinweggehen können, was dem Thema genau die Aufmerksamkeit gewährte, die ihm zusteht - Null. Aber leider geht das nicht, denn die katholische Kirche übt noch sehr viel geistige Macht aus, weil Millionen von Menschen diese Kirche als geistigen Mittler zwischen sich und Gott verstehen.

Wenn es Gott gibt - was ich keineswegs ausschließe -, so ist es zwar so, dass alles, was mein Seelenheil betrifft sich zwischen mir und ihm abspielt. Aber das ist natürlich auch eine ganz schöne Bürde. Schließlich reden wir über das Schicksal meiner unsterblichen, also in alle Ewigkeit existierenden Seele im Angesicht eines allmächtigen Wesens, das auch die Funktion eines Richters über eben diese, meine Seele ausübt. Das ist sicherlich manchmal schwer auszuhalten, und so ist es schön, einen Beistand, Vermittler und Anwalt in diesem Verhältnis zur Verfügung zu haben: den Priester und die Kirche.

Auch ist es schwierig, das ganze Leben und seinen Sinn zu verstehen. Religion kann dabei ungemein hilfreich sein und die professionellen Vertreter von Religion üben auch hier eine tragende Mittlerrolle aus. Auch hier sprechen wir mit Sicherheit von einer Spanne, die das gesamte irdische Leben umfasst und vielleicht von einer ganzen Ewigkeit, die auf dieses Leben noch folgt.

Sollten Sie selbst nicht religiös sein, so stellen Sie sich aber bitte einmal vor, was nun Aussagen wie die von der Sündhaftigkeit von Homosexualität bewirken können. Stellen Sie sich vor, Sie glaubten fest und wirklich und unerschütterlich daran, dass die Lehren der Kirche Ihr Wegweiser durch das Leben und darüber hinaus in die Ewigkeit und zur liebenden Anerkennung durch Gott sind. Stellen Sie sich vor, Sie seien wirklich überzeugt davon, dass das Sündigen Sie zu tausenden von tausenden von tausenden Jahren in der Hölle verurteilt - allein, ungeliebt, eventuell pausenlos gefoltert. Genau so etwas können diese Priester dem Gläubigen nämlich einreden.

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Angst machen, das können sie ...

Wer so viel Verantwortung trägt, wie die Priesterschaft, ist gehalten, damit auch sehr verantwortungsvoll umzugehen. Wer so viel Verantwortung trägt, besitzt damit auch eine sehr große Macht. Schließlich haben diese Leute mit ihren Auslegungen die Hoheit über das spirituelle Leben all der Gläubigen, die beschlossen haben für sich die katholische Heilslehre in Anspruch zu nehmen. Und wer mit der nicht verantwortungsvoll umgeht, missbraucht seine Macht. Und wer Macht missbraucht, dem gehört sie entzogen. Nahezu das gesamte Bischofs- und Kardinalskollegium und der Papst sollten zurücktreten oder bei Nichtbefolgen zum Rücktritt verurteilt werden!

Aber könnte denn etwas dran sein an der Idee Homosexualität sei sündhaft? Nein, ausgeschlossen. Homosexualität ist eine Spielart der Liebe zwischen Menschen, und wenn es eine Sache gibt, die gut ist, wenn Menschen sie ausüben, dann ist es dies: zu lieben.

Ich scherze ja gerne, dass mir eine primitive Religion wie die katholische - und primitiv ist sie trotz all der überflüssigen theologischen Fakultäten an denen gar nicht primitive Menschen sich bemühen, der Primitivität einen intellektuellen Anstrich zu geben - lieber ist als das Wischiwaschi der Evangelen, die selbst Jesus rumdrucksenderweise die Göttlichkeit abzusprechen beginnen. Da haben die Katholen mit ihrem Teufel und echtem Schwefelgeruch ja noch richtig was aufzufahren.

Angesichts der katholischen Realität bleibt mir dieser Scherz aber im Halse stecken. Diese sogenannten Seelsorger gehen mit ihrem Machtmissbrauch nicht weniger verbrecherisch um als die Inquisitoren vor 500 Jahren. Wer so verantwortungslos spricht wie Ruhrbischof Overbeck und Papst Benedikt, verbrennt nämlich die Seelen der Gläubigen.

Das einzige was hilft - denn zurücktreten werden die natürlich nicht - ist, sich klarzumachen, dass das Seelenheil ganz ohne des Klerus´ belanglose Meinung zwischen Ihnen und Gott entschieden wird. Hilfe und Trost in dieser Angelegenheit können auch andere spenden als ausgerechnet diese Priesterschaft. Die liebt Sie nämlich nicht, sondern will Sie beherrschen. Gott aber liebt Sie und will Ihre Freiheit, sonst hätte er sich die Schöpfung gespart.


Freitag, 2. April 2010

Warum es uns gibt - Eine ganz kleine Geschichte unserer Existenz

Wie es dazu kam, dass es uns, unsere Welt und unser Universum gibt, das weiß die Wissenschaft schon fast komplett zu erklären. Was viel schwieriger zu beantworten ist, ist die Frage, warum wir und das Universum und uns herum da sind. Die Frage nach dem Sinn des Kosmos und unseres Lebens also.

Glücklicherweise erzählte mir Gott neulich, warum er die Schöpfung geschöpft hat. Folgen Sie mir doch bitte in die Story-Sektion auf polyoinos, und lassen Sie mich erklären ...

Donnerstag, 1. April 2010

"Fantasy ist wie Ferien" ...

... die Überschrift stammt nicht von mir, sondern von dem zuständigen Redakteur der Coopzeitung, dem ich vor drei Wochen ein Interview über die Fantasy gab. Das Interview ist mittlerweile in Print, aber auch online erschienen. Vielleicht möchten Sie ja mal reinschauen.

Es ist nichts Weltbewegendes und es steht nichts drin, was ich nicht sowieso seit langem in Schrift und Vortrag behaupte. Aber es hat Spaß gemacht, auf sehr geringem zur Verfügung stehendem Platz die üblichen Fragen „Was ist Fantasy?“, „Was finden die Leute daran?“, „Ist Fantasy gefährlich?“ usw. zu beantworten. Ein Freund meinte nach der Lektüre, es sei sehr gut geeignet, Nicht-Fantasy-Kennern einen ersten Eindruck vom Genre zu geben. Vielleicht kennen Sie ja auch jemanden, der einen solchen ersten Eindruck nötig hätte ...

Hier finden Sie das Interview ... und wenn ich so drüber nachdenke, dann gefällt mir die Überschrift richtig gut. Ja, es ist wie Ferien. Und ich gehe jetzt ans Lektorat eines neuen Buches und lasse mich für diese Ferien sogar bezahlen ...

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Fantasy ist wie Ferien in einem fremden Land


Freitag, 26. März 2010

Tolkien-Lese-Tag in Oberhausen

Gestern war der 25. März - und an einem 25. März wurde der Eine Ring in der Lava des Schicksalsberges vernichtet. Grund genug für die weltweite Tolkiengemeinde, den Tolkien Reading Day auf dieses Datum zu legen. Seit gestern findet er auch in Deutschland statt und der Erfolg brachte die Veranstalter dazu, sofort den nächsten Tolkien-Lerse-tag zu versprechen. Halten Sie sich also den nächsten 25. März frei.

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Lars Baumann


Kommen Sie also am 25.3.2011 zur Buchhandlung Zweitbuch von Lars Baumann; ich werde sicher auch wieder dabei sein:
Zweitbuch — Lesen & lesen lassen
Inhaber Lars Baumann
Dudelerstraße 19
46147 Oberhausen-Schmachtendorf
Telefon: 0208 / 686399
Das ist ein kleiner Einmann-Betrieb, kundig geführt, tolle Lese-Atmosphäre und geradezu das Parademodell für das Motto „Support your local Book-Dealer“ - ein Motto, das in Zeiten von Mayerscher, Thalia etc. auf der einen und Amazon auf der anderen Seite ungemein aktuell ist.

Der Rahmen war also gegeben und es fanden sich auch mehr als 20 Menschen ein, die teilweise von ziemlich weit angereist waren, um zuzuhören. Das war übrigens das einzige kleine Manko - dass die Besucher das Lesen den geladenen Gästen überließen. Eigentlich ist der Tolkien-Lese-Tag nämlich für jeden zum Mitmachen gedacht.

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Myk Jung


So aber lasen Sebastian Kleinen, der Organisator und Initiator der Tolkien-Ortsgruppe Linker Niederrhein, Lars Baumann, der Hausherr, Betty Finke, Myk Jung und ich. Es hat großen Spaß gemacht, besonders Myk war wieder unnachahmlich gut. Ich las die Kurzgeschichte Frei aus Mittelerde ist unsere Welt, auch wenn es am Lesetag eigentlich um Geschichten aus des Professors Feder geht. Aber auch das habe ich natürlich gemacht und meine Lieblingsstelle aus dem HdR gelesen, den Bericht Gimlis über die Höhlen von Aglarond.

Wenn Sie möchten, können sie diese kleine Lesung als Audio-Datei downloaden. Meine Slapstick-Einlage, gleich zweimal von dem doofen Klappsitz zu fallen, habe ich allerdings rausgeschnitten und möchte allen Zeugen nur versichern, dass es Unachtsamkeit und keine berauschenden Stoffe waren, die zu der Blamage führten ...

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Sebastian Kleinen liest aus Herr Glück

Donnerstag, 25. März 2010

Welcher Teil von mir ist im Netz?

Nochmals zum Thema Virtual Communities, zu dem mich letzte Woche eine Forscherin aus Lettland befragt hatte (s. letzten Blogeintrag). Sie hatte dann nämlich noch ein Nachfrage. Und zwar ging es darum, dass meine Hypothese ja besagt, dass es echte virtuelle Gemeinschaften - ‚echt’ im Sinne von gleichwertig zu denen im sogenannten realen Leben (ich spreche eigentlich lieber von der „sensual world“; hier noch mal der Link zu dem Artikel in CMC) - nicht gibt. Was nun, ist das aber für ein Wesen, das sich in den Cyberwelten und Netzwerken tummelt. Ein neues Wesen? Teil des Menschen vor der Tastatur? Oder nicht doch der ganze Mensch?

„Q: to what extent is it possible to separate the virtual identity from the one in the sensual world?
Only to a very small extent, I guess. I have been heavy into Role Playing Games back in the Nineties and do thus have some experience in assuming roles which are not so different from the roles you take on in Second Life or WoW.

My experience is that these roles are facets of yourself. You take on a specific role. This might or might not correspond to your personality. If, for example, you play a barbarian, I do not think that this necessarily reflects your own inner barbarianism. You might just as well play something which is totally different from your real self. I, though, always somehow ended up playing a bard; even if I started out with a ranger, over the time he became more and more bard-like in behavior and in skills. And I guess that does reflect something of my own personality. So it might be hard to lie in RPGs.

But be that as it may, what you play in RPGs or MMORPGs is a role and as that it never encompasses your whole self, but only facets of it. So the role is a separation from your own being, even if yourself shows through to a big extent. And that is also true for the people you are online. But, for starters, on a physical level your online-self is lacking all the substantialities of your bodyliness, and that makes you something other than your whole self.

You can still take on roles in Facebook and Xing. On Xing for example - which is a business-network - you take on the role of your professional self and more or less suppress aspects which you think are not appropriate for your professional appearance. At least, I guess, this is true for a vast majority of people on Xing or LinkedIn. And though you are more your private self on FB, you play a role there also, albeit that this role might reflect more of your real self than in business. It is even advisable to act strategically on FB since the Net never forgets and in the future you might regret the one behavior or the other if you act purely on impulses.

This leaves us with an un-whole appearance as soon as you enter the online-worlds. You can, of course, appear un-whole in RL, i.e. the sensual world, but in cyberspace you are incomplete if you wish to or not. Even if you would succeed in being your true psychological self online, you would still miss the body and its expressions. Thus you are not whole.

The human psyche, that is at least my belief, is not equipped to really cope with this not being your whole self. You can play your roles on this basis, but you cannot be your true self. Being yourself is on the other hand a necessity for a wholesome community. At least for a special type of community - the sociality in all its richness. This special community needs to allow their participants to be their true selfs. They do not need to show their self, but they need to have the possibility to express it if need be. And to achieve this possibility you need the sensual experiences in all their richness because man is a sensual being which needs to hear, see, listen, smell and touch. Human psyche has need of this sensory part.

Online does not allow for this. So online cannot provide wholesome social community, and that is the sort of community I was referring to in my article. Back then, I spoke of hearth fires. You only experience the value of a hearth fire if you are able to huddle together before it. Second Life, WoW, FB, Xing might constitute rich additions to your life, but a healthy basis in the sensual world is necessary for a complete life. And part of this necessity is real-life-community because man is a social animal. And so I would always advise to never neglect this point. People, especially people born after 1990, which rose up using online-realities all the time, are in danger to forget their physical basis if they overemphasize the value of their online-lives.

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Try this online ...


Q: And if it is "separatable" enough, does the same criteria for forming a relationship, be it personal or be it creating a community, applies to the virtual self as it does for the self of the sensual world? The virtual self lives pretty much its own life (especially if we take such forms of CMC as SecondLife), why can't we assign it an option to be a part of a community?
That´s kind of schizoid, isn´t it? If the online-self lives in its own world in the sense that it lives in another world than the physical basis, that sounds very unhealthy in my ears. But yes, we can assign it to be part of a community in which we than invest only a part of our own being. But again, that´s not our whole self, and wholeness is what man strives for. The other things are play. It´s okay to play, but we should stay aware of our whole self.

Q: I have myself experienced cases when the trust to the virtual identity of a person far exceeds the trust to the "real" identity
That is a subjective experience of yours which I do not doubt. But I have not experienced something alike. Liking someone - yes. Trusting, feeling friendship to someone I do only know online - no. At most I sometimes have the feeling after conversing with someone online that this someone would be a person I would like to make friends with. But I cannot before having at least shaken hands.

Maybe, I have to reconsider my point on this aspect, but I guess, I can´t as long as I do not experience something alike for myself. Well, taken this way, it comes down to quantities and one would have to count opinions: "How do you think about this?"

Q: What criterias or rules (besides those you already mentioned - trust and friendship) should a group of virtually closely related, never-met-in-sensual-world people challenge to say eventually: we are a community?
Shared experiences might be a way. I guess that for example the peoples in Iran which stood up against President Ahmadinedschad, and which were often organizing over different cities and vast landscapes by online means, and which in vast numbers might never have met, that these people might feel a trusting community. But I guess that these people also would have at top point of their wish-list the point "Meet the others!"

Shared experiences do form very reliable bonds and so they might be a substitute for lacking physical experiences. One should make this topic of a survey ...