Donnerstag, 19. Mai 2011

Warum es weder Handys noch Facebook bei Harry Potter gibt

Joanne K. Rowling hat mit den Büchern um Harry Potter den großen Fantasyerfolg der letzten Jahre verfasst. Verfasst übrigens, als es Handys, das Web, den Chat und, zumindest während der letzten Bücher, Facebook schon gab. HP hat sich als besonders faszinierend für Kinder und Jugendliche herausgestellt, deren Lebenswelt, zumindest nach Meinung der modernen Medienkritiker, in großem, in zu großem Maße von den modernen Kommunikationsmedien beherrscht wird.

In HP gibt es keine Handys. Niemand chattet und wenn man sich trifft - ob freundschaftlich oder in innig empfundener Feindschaft verbunden - dann trifft man sich immer und ausschließlich ganz altmodisch persönlich in den Gängen und Hallen des wunderbar verschrobenen Schlosses Hogwarts. Wie konnte sich Rowling das leisten, so an der Lebenswirklichkeit ihres Publikums vorbei zu schreiben?

Das lag nicht allein daran, dass sie eine 'alte' Frau ist, die von diesen neumodischen Dingen keine Ahnung hat, denn wenn sie so weit von ihrem Publikum entfernt wäre, dann hätte sie es nie so geschickt ansprechen können. Es lag vielmehr daran, dass diese neumodischen Dinge eben doch nicht so wichtig sind, wie die Technopessimisten gerne glauben wollen.

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Die Essenzen sind essentiell (Myk Jung beim Tolkien-Reading-Day 2010)

Natürlich sind Facebook und Handy Sachen, die die Power-User auf keinen Fall missen wollen. Das nicht-missen-wollen geht so weit, dass es leicht als Sucht missverstanden werden kann. Aber letztlich sind das doch nur Kanäle und Mittler über die ein persönlicher Austausch stattfindet. Das Medium ist nicht die Botschaft - die Botschaft ist die Botschaft.

Und die Botschaft ist: ich mag dich; ich mag dich nicht; ich finde das hier toll; und das da doof. Das ist das Gleiche, was Rowling auch erzählt - nur leicht interessanter aufgemacht, aber mir fehlt gerade der Platz dafür. Rowling fokussiert auf das Interessante, alle Erzähler tun das.

Dann können das Handy und Facebook vorkommen, wenn sie denn eine Rolle in dem wichtigen Erzählten einnehmen (etwa in Daniel Suarez´ brillanten Büchern Daemon und Freedom (TM)). Aber sie müssen es nicht, auch dann nicht, wenn Jugendlichen Hochrelevantes über Jugendliche erzählt wird. Medien sind nicht notwendig ein essentieller Bestandteil der Lebenswelt. Die Essenzen sind essentiell, nicht die Kanäle, in denen sie fließen.

Notwendig sind die großen, berührenden Themen der conditio humana, und um die zu erzählen, muss sich niemand beim Publikum mit mehr oder weniger artifiziellen Versatzstücken aus dessen Alltag anbiedern. Deshalb gibt es keine Handys bei Harry Potter, keinen Chat in Susanne Gerdoms Elfenwelten und Christoph Hardebuschs Trolle bleiben (glücklicherweise) dabei, ihre Probleme auf Troll-Art und nicht mit Flamewars zu lösen.


Samstag, 7. Mai 2011

Faszination Fantasy - eine große Anerkennung

Der EZW Materialdienst. Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen hat in seiner Maiausgabe einen Artikel über Fantasy in den Mittelpunkt gestellt, der sich in weiten Teilen auf meine Arbeit stützt - das ist schon eine tolle Anerkennung!

In Faszination Fantasy beschreibt Ulrike Treusch das Faszinosum und die Funktionen von Fantasy. Dabei zitiert und übernimmt sie zunächst uneingeschränkt meine Definition von Fantasy (Fantasy ist demnach ein literarisches Genre, dessen zentraler Inhalt die Annahme des faktischen Vorhandenseins und Wirkens metaphysischer Kräfte oder Wesen ist, das als Fiktion auftritt, die als Fiktion auch verstanden werden soll und muss; s. auch hier).

Nach einer Beschreibung des Genres kommt sie dann über die Kritik an Fantasy zu den Funktionen und hebt dort besonders auf die Verbindung zum Mythos und auf das sinnstiftende Potential von Fantasy in einer sinnentleerten Welt ab. Dabei greift sie seitenweise auf mein Buch Fantasy. Einführung zurück und zitiert alle relevanten Passagen über den Mythos sowie meine Überzeugung, dass Fantasy ein Mythos mit Augenzwinkern ist, ein nicht geglaubter Mythos.

Noch stärker und besser als ich selbst das tue hebt sie dabei hervor, dass die Funktion von Fantasy vom Publikum abhängt, davon, was das Publikum in den einzelnen Genrewerken sucht und dann zu finden meint, wobei der fund überhuapt nichts mit dem zu tun haben muss, was der Autor oder Regisseur dort hineinsteckte. Das ist meines Erachtens eine sehr wichtige Beobachtung, die hilft, eine ganze Reihe von Kritikansätzen über die angeblich so verführerische Kraft der satanischen Fantasy in die Schranken zu weisen.

Die EZW ist eine ziemlich wichtige Zeitschrift, die sehr weit verbreitet ist unter Theologen, Philosophen und allen anderen Kulturwissenschaftlern. Ich freue mich sehr darüber, dass Fantasy. Einführung an derart prominenter Stelle so positiv (und letztlich werbewirksam) beachtet wird. Ich hatte ja schon vor einem Jahr bei der Gründungskonferenz der GFF den Eindruck, dass sich das Buch durchsetzt ... dieser Baustein verfestigt den Erfolg noch einmal in einer hocherfreulichen Weise.


Freitag, 25. März 2011

Tolkien-Lese-Tag

Es ist der 25. März. Auf den Tag genau heute vor vielen, vielen Jahren wurde der Eine Ring vernichtet und das Dritte Zeitalter endete mit dem Sieg über das Böse. Mit einer kleinen Pause von ein paar tausend Jahren dazwischen feiern Menschen auf der ganzen Welt diesen Sieg, indem sie sich versammeln und einander Geschichten aus der Feder des großen Chronisten des Ringkriegs, John Ronald Reuel Tolkien, vorlesen. Ich hoffe, Sie haben das Vergnügen, das heute auch erleben zu dürfen.

Ich für mein Teil werde den Tag in Oberhausen, in der Buchhandlung von Lars Bauman - Zweitbuch, Dudelerstraße 17 - begehen und dort natürlich auch lesen.

Dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, einen Abschnitt aus dem Kapitel "Über Hobbits" aus dem HdR und anschließend aus einem Brief an Houghton Mifflin zu lesen, den Tolkien 1955 schrieb, und in dem er eine ganze Reihe von Motiven anführt, die ihn dazu brachten, die Ringerzählung zu verfassen.

In "Über Hobbits" kann man nämlich sehen, welche Lebensweise der Professor schätzte. Wie er andernorts bekanntermaßen sagte, war er ja in allen Aspekten außer der Körpergröße selbst ein Hobbit, und das idyllische Landleben - friedlich, geordnet, frei von Hektik, erdverbunden - war seine Idealvorstellung einer angemessenen Lebensweise. Das mag langweilig und konservativ erscheinen, aber die Hobbits können zur Not ja auch anders und eine ganze Welt retten. So dürfte der Professor sich und seine ganz normalen Mitmenschen erträumt haben.

Diese Beobachtung ist für das, worauf ich heute hinauswill, entscheidend. Wenn ein Autor so unbedingt eine Geschichte erzählen will, wie Tolkien von Mittelerde erzählen wollte, dann gibt es enge Verbindungen zwischen Erzähler und Geschichte. Im Falle Tolkiens sind die vielfältig nachweisbar, und das genannte Lebensideal ist nur eine der Parallelen. Der eigentliche Punkt ist, dass die reale Lebenswelt in die phantastische Erzählung hineinreicht und zeigt, dass die Phantastik so phantastisch gar nicht ist.

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Ab wann wird´s phantastisch?

In dem Brief an seinen amerikanischen Verlag nennt Tolkien mehrere solcher Parallelen. Zuerst die zu seiner Profession, der Sprachwissenschaft, wenn er sagt, dass er Mittelerde schuf, um den von ihm erfundenen Sprachen eine Heimat zu geben. Doch das ist nicht der einzige Grund und wäre auch ein wenig l´Art pour l´Art. Es ist aber auch eine stark christlich inspirierte Erzählung, es ist eine Geschichte über die Kraft der Schwachen im Angesicht der Tyrannei und es ist eine Geschichte über die Schönheit und Unbändigkeit der ungezähmten Natur, führt Tolkien in dem Brief weiter aus. Der Herr der Ringe enthält eine Vielzahl von "Kommentaren über die Welt", wie er es anderswo mal sagte.

Wenn das so ist, dann ist die phantastische Welt Mittelerde aber überhaupt nicht phantastisch. Dann ist sie eben das - ein Kommentar zur Welt, in der wir wirklich leben. Und wenn das auf Mittelerde zutrifft, dann gilt es für die Phantastik insgesamt - sie ist nicht phantastisch, sie handelt mit dem Mittel der Metapher vom realen Leben.

Es ist nicht einfach als spannende Unterhaltung gemeint, wenn in Star Trek eine Reihe von Folgen die Prime Directive behandelt, dass es der Föderation verboten ist, in die Geschicke weniger entwickelter Planeten einzugreifen und in diesen Folgen dann gezeigt wird, dass es manchmal mit Nichteinmischung einfach nicht getan ist. So ein Thema erzählt viel mehr über Srebrenica, Ruanda und heute Libyen und die Elfenbeinküste als von fernen Planeten.

Es ist auch kein Zufall, dass die High Fantasy in der Regel in vorindustrieller Zeit spielt. In Zeiten also, wo es mit Knöpfchendrücken nicht getan ist, sondern es auf die mentale Stärke von Individuen ankommt - nicht umsonst wird die Stärke von Magie in fast allen Geschichten von der persönlichen Stärke ihrer Nutzer abhängig gemacht. Das sind Träume, Überlegungen und Spekulationen über den Wert und Einfluss des Individuums, die wir im als ohnmächtig erlebten realen Leben stellvertretend ausleben wollen.

Nein, die Phantastik ist nicht phantastisch, sie berichtet auf ganz erhellende Weise von uns und unserem realen Leben. Oder glauben Sie, dass Goethes Gedicht vom Zauberlehrling, dem sein halbgares magisches Können über den Kopf wächst, irgendetwas anderes meint als einen Kommentar auf die menschliche Realität abzugeben? Dazu mehr im Frühsommer, wenn mein langer Artikel über dieses Thema im Tagungsband der GFF erscheint.

Aber erst einmal: Einen schönen Tolkien-Lese-Tag!



Donnerstag, 17. März 2011

Aktuell und traurig: die Reichweite menschlichen Betragens

Die Ereignisse in Japan und Libyen zeigen, wie wahr der alte Spruch des Philosophen Thomas Hobbes ist: „Homo homini lupus est, homo homini deus est.“ Der Mensch ist des Menschen Wolf, der Mensch ist des Menschen Gott – wenn auch Letzteres eher selten zu beobachten ist.

Aber heute schon, wo der Mensch zeigt, zu welcher Größe, welcher Niederträchtigkeit und welcher Erbärmlichkeit er fähig ist – groß die Helden von Fukushima, niederträchtig Gaddafi und seine Schergen, erbärmlich der entwickelte Westen ...

Es kommt mir nicht leicht aus der Tastatur, das Wort vom Helden, aber die Fünfzig von Fukushima, diese Techniker und Arbeiter, die wissen, dass sie sterben werden – die es wussten, bevor sie ihre verzweifelte Arbeit begannen –, das sind Helden. Sie opfern sich für ihre Familien und die Gemeinschaft und zeigen damit, welche Größe der Mensch in der Not zu zeigen imstande ist. Wanderer, kommst Du nach Tokio, so verkünde dort, dass du uns hier habest liegen sehen, wie es die Pflicht befahl ...

Das Wolfsgesicht ist zur gleichen Zeit in Libyen zu sehen, wo eine Diktatorenfamilie ihr Volk abschlachtet und bald, nach dem Sieg, dazu übergehen wird, grausamste Rache an den überlebenden Männern, Frauen und Kindern zu üben. Und werden Saif al Islam und seine Brüder sich in fünf Jahren wieder lachend in Monaco, London und Marbella im Kreise der Reichen und Schönen amüsieren, ohne dass ihnen jemand etwas nachträgt? Wahrscheinlich schon.

Denn da sind ja noch die Erbärmlichen, die schlaff und mutlos zwischen Wolf und Gott stehen: die Regierungen des freien Westens, die solange taktieren, bis es niemanden mehr zu retten gibt und die nach einer Schamfrist das mit Blut versetzte Öl des Diktators kaufen werden. Ein Beispiel werden sie damit gegeben haben, dass all die anderen Lukaschenkos, Mugabes und Ahmadinedschads darin bestärken wird, anders als Mubarak nicht einfach zu verpuffen, sondern auch über einen Leichenteppich zu gehen.

Was der Trauer ob der aktuellen Ereignisse die Krone aufsetzt ist, dass selbst die Helden, nicht nur kein glückliches Ende finden werden, sondern dass auch all ihre Handlungen umsonst gewesen sein werden. Außer, dass sie damit ein Zeichen gesetzt haben. Ein Zeichen dafür, wie der Mensch auch sein kann. Aber so war es schon immer, und mehr ist wohl nicht zu erhoffen.

[Update 25.3.]
Sie greifen also doch ein, und weltweit gab es zuerst Zustimmung, doch schon ganz schnell wird kritisiert und nach einer Woche deutet sich an, dass es mit sehr ungewissem Ausgang noch lange dauern wird.

Trotzdem war das Eingreifen so richtig, wie es falsch ist, anderswo nicht einzugreifen (Elfenbeinküste, bald vielleicht Syrien?). Was wir brauchen ist eine "Zeitenwende" (Darnstädt, s. Link), die die Menschenrechte über die Staatssouveränität stellt. Was wir brauchen ist ein unter checks & balances stehender Weltpolizist.

Ein guter Artikel dazu steht heute auf Spiegel Online.

Freitag, 11. März 2011

Phantastische Artikel gesucht

Heute veröffentlichte die Gesellschaft für Fantastikforschung einen zeitlich nicht befristeten Daueraufruf, wissenschaftliche Artikel, die sich mit dem Thema Phantastik befassen, für das bald erstmalig erscheinende Vereinsjournal, die Zeitschrift für Fantastikforschung, einzureichen:

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Beachten Sie bitte, dass die Zeitschrift ab 2011 immer wieder erscheinen wird, und dass Sie deshalb, wann immer Sie ein gutes Thema haben, dieses einreichen können.

Und haben Sie auch nicht zu hohen Respekt vor der Wissenschaft. Natürlich kann ein akademisches Journal nur Beiträge veröffentlichen, die wissenschaftlichen Standards entsprechen. Aber sooo hoch sind die gar nicht, und die paar formalen Anforderungen sind ein Klacks. Was zählt, sind Ihre Idee, Ihre These, Ihre Befunde.

Wenn Sie möchten, können Sie mich auch gerne kontaktieren und ich berate Sie unverbindlich (und natürlich kostenlos) zu Fragen einer Veröffentlichung in der ZFF.


Samstag, 19. Februar 2011

Mit Steinen werfen!

Gerade berichtet die SZ, dass Edmund Stoiber Herrn Dr. a. D. Guttenberg mit dem biblisch inspirierten Satz zur Seite sprang: "Wer ohne Fehler ist, werfe den ersten Stein." Normalerweise nehme ich Fehlerlosigkeit sicher nicht für mich in Anspruch, in diesem Fall aber schon. Und werfe deshalb - nachdrücklich und mit echter Wut im Bauch - den Stein in Richtung des Schummelbergs: "Geben Sie den unverdienten Titel ab!"

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Es spricht zugebenermaßen persönlich motivierte Empörung aus mir, denn ich habe, wie die große Mehrheit aller Doktoranden, meine Arbeit wirklich in jahrelanger mühevoller Kleinarbeit geschrieben, statt sie zusammenzukopieren und habe deshalb nicht das geringste Unsicherheitsgefühl dabei, aus meinem Glashaus heraus mit dicken Steinen zu werfen. Prof. Fischer-Lescano hat recht, wenn er dies im morgigen Spiegel als "Verrat an der Wissenschaft und an all den Doktorandinnen und Doktoranden" brandmarkt. Aber es geht um mehr als um diese eine Frechheit des Betrugs an hart arbeitenden WissenschaftlerInnen.

Wie genau, warum genau dieser Mann seine 'Dissertation' auf welche Weise zusammenkopiert hat, ist noch nicht klar, aber die Beweise, auf mittlerweile 62 % der Seiten (darunter bspw. ein mehrseitiges bei einem Referenten in Auftrag gegebenes Gutachten) seiner 'Dissertation', sind unzweifelhaft: Diese Arbeit ist in betrügerischer Weise entstanden. Die bloße Menge schließt Schusseligkeit schon aus, Wort-für-Wort-Vergleiche auf Faksimile-Basis, wie von der Süddeutschen vorgenommen, zeigen, dass die Kopien nicht absichtslos eingefügt sein können und dass diese Kopiervorgänge als geistige Eigenleistung dargestellt werden.

Ob nun von des Freiherrn eigener Hand ungeschickt zusammenkopiert oder von Ghostwritern, Referenten oder Praktikanten zusammengestoppelt - eine eigenständige wissenschaftliche Leistung ist das Werk auf keinen Fall. Also ist der Doktortitel obsolet.

Das ist in Expertenkreisen, die sich mit Dissertations- und Urheberrecht auskennen, auch vollkommen unumstritten. Interessanter - und fatal! - ist, dass der Doktor a. D. trotzdem noch eine Zweidrittelmehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite hat, die das alles offenbar lässlich findet, getreu des Diktums von F. J. Wagner in der BILD: "Macht keinen guten Mann kaputt. Scheiß auf den Doktor."

Aber er ist eben kein guter Mann. Das sah man zwar auch schon an seinen bisherigen politischen Schlingerkursen (oder haben Sie geglaubt, der träte wirklich wegen Opel zurück?), doch die Fälschung einer Doktorarbeit fokussiert das Licht auf den Charakter des Mannes.

Eine Doktorarbeit ist der Nachweis der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit. Wer eine schreibt und sich dabei durch copy & paste oder Ghostwriting ganz bewusst dieser Leistungserbringung entzieht, ist erstens unehrlich und zeigt zweitens, dass ihm die Arbeit, das Durchdenken eines Themas und die intellektuelle Auseinandersetzung vollkommen egal sind, und dass es ihm nur um den Anschein geht. Mehr Schein als Sein - das ist, was zu Guttenberg mit dieser Arbeit erreichen wollte.

Normalerweise würde schon die nachgewiesene Unehrlichkeit ausreichen, um eine Person für eine Regierungsfunktion zu disqualifizieren, Herr Wagner. Aber früher trat man ja eh leichter zurück. (War das Ehrgefühl ausgeprägter?) Doch dass zu Guttenberg daran scheitert, eine echte Dissertation anzufertigen, zeigt auch seine Unfähigkeit. Er ist kein guter Mann, er sieht nur gut aus ...

Was ich jetzt immer wieder lese, und auch persönlich als Antwort zu hören bekomme, ist, dass das doch viele so machen und dass es sich um eine Lappalie handle. Solange er seinen Aufgaben gerecht wird, solle man eben ein Auge zudrücken ...

Nein, ganz entschieden, nein! Soll man nicht. Natürlich gibt es viele Menschen, die betrügen oder sich an der Grenze zum Betrug erfolgreich durch die Dinge lavieren. Aber wer erwischt wird, muss fliegen!

Denn was für ein Beispiel wird denn gegeben, wenn Lug und Betrug unsanktioniert bleiben? Mehr Schein als Sein ist immer der einfachere Weg. Aber die Anforderungen in Politik und Wirtschaft - und die Anforderungen im normalen täglichen Leben; in Schule, Sport, Beruf eines jeden Menschen - verlangen Leistungsfähigkeit zu ihrer Bewältigung. Diese nimmt aber rapide ab, wenn alle so tun wie Herr zu Guttenberg - was beispielsweise Goedart Palm in einem sehr desillusionierenden Artikel in der Telepolis hinzunehmen bereit scheint. Palm behält recht, wenn zu Guttenberg bleibt - doch hinnehmen sollte man eine solche Entwicklung nicht.

Wenn wir die Lehre einsickern lassen, dass man mit "so tun als ob" auch weiterkommt, werden die dann von den scheinbaren ExpertInnen immer unerfüllbarer werdenden Anforderungen die Gesellschaft überwältigen und ins Chaos stürzen. Zu Recht heißt es, wir in Deutschland besäßen nur den Rohstoff Mensch - wenn dieser Rohstoff sich nach den zu Googlebergs richtet, haben wir das auch verloren.

Der Presse hat Herr von und zu vor einiger Zeit im Geheimen anvertraut, er wolle in seinem nächsten Urlaub Platons Staat lesen. Na das ist mal eine gute Idee - dies großartige Buch über Ethik sei ihm ans Herz gelegt, besonders Seite 361a: "Denn der Gipfel der Ungerechtigkeit ist: gerecht scheinen, ohne es zu sein."


Freitag, 7. Januar 2011

Ein tolles 2011!

Zurück am Arbeitsplatz! Dann wollen wir dem neuen Jahr mal mit geeigneten Instrumenten zu Leibe rücken:

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Ich wünsche Ihnen ein frohes, erfolgreiches, gesundes 2011!

Bleiben Sie polyoinos treu.