Donnerstag, 27. Mai 2010

Vom handfesten Wert der Bücher, ja des Informationszugangs überhaupt

Die Anzahl von Büchern in einem beliebigen Haushalt weltweit ist der wichtigste Prädikator für das formale Bildungslevel, das Kinder statistisch gesehen in diesem Haushalt erreichen werden; wichtiger noch als das Einkommen, wichtiger auch als der Bildungsstand der Eltern. Einfach gesagt gilt, dass in der Rückschau auf den Bildungsweg von Kindern diejenigen einen umso höheren formalen Bildungsabschluss erreichen, je mehr Bücher im Haushalt der Eltern vorhanden waren. Die Anzahl von Büchern in einem Haushalt erlaubt also eine zuverlässige relativ Voraussage, welchen Abschluss die Kinder erreichen werden. Das wurde jetzt in einer groß angelegten, über 20 Jahre und weltweit durchgeführten Studie eindrucksvoll bestätigt: EScienceNews

Neu ist diese Erkenntnis nicht unbedingt, denn dementsprechende internationale Bildungsstudien haben schon immer in diese Richtung gewiesen, aber es ist noch nie so eindrucksvoll bestätigt worden. Das war überhaupt so das beeindruckendste aus meiner Zeit als Bildungsforscher am Institut für Schulentwicklungsforschung in Dortmund - dieser Befund war immer stabil.

Natürlich muss man diese Ergebnisse mit den Augen der Statistik sehen - wer versäumt hat, seinen Achtjährigen in der Vorschulzeit und in der Schule zu helfen, der erreicht auch keine Gymnasialempfehlung dadurch, während des vierten Schuljahr 500 Bücher auf dem Flohmarkt zu erwerben. Aber generell gilt eben doch, dass Buchbesitz mit Bildungsaffinität durch durchschnittlich höheres Wissen einhergeht. In der Regel werden die vorhandenen Bücher eben doch benutzt, und nichts regt Nachahmung besser an als die Vorbildfunktion der Eltern.

Und dabei kommt es überhaupt nicht auf die Zusammensetzung der heimischen Bibliothek an - niemand muss sich schweren Herzens durch die Buddenbrooks, Eichendorffs gesammelte Gedichte und die Werke Platons im altgriechischen Original quälen, der dies nicht möchte. Der Einfluss auf die Kinder entsteht durch Bücher aller Art; schon die gesammelten 2500 Perry Rhodan-Bände oder das komplette Das Schwarze Auge sind wirksam.

Nur ... lassen Sie sich überhaupt von Ihren Kindern ab und zu mit einem Buch in der Hand erwischen. Und wer täglich GZSZ braucht, richtet auch nix Schlimmes an, erst wenn Sie nur GZSZ, GNTM, DSDS und was weiß ich für ´nen Murks (WWIFNM) sehen, während das einzige Buch im Haus die Bedienungsanleitung fürs Handy ist, geben Sie ein schlechtes Vorbild ab.

Doch wird es so bleiben, dass Buchbesitz der wichtigste Prädikator für die Bildung von Kindern ist? Ich glaube nicht beziehungsweise nehme an, dass man eben unbedingt E-Books und auch sonstige digitale Informationsquellen hinzuziehen muss. Bildung läuft schon jetzt nicht mehr nur in Form von Buch- und Zeitungskonsum ab, die Vernetzung spielt eine große Rolle.

Und deren Bedeutung wird zunehmen. So ein Ding wie das iPad wird vielfach angeboten werden, es wird billiger werden und es wird den kombinierten Informationskonsum durch das geschriebene Wort, Animation, Film und Audio selbstverständlich werden lassen. Das erfordert natürlich eine darauf ausgerichtete Ausbildung, die lehrt, wie man die so dargebotenen Informationen einzuschätzen hat. Das jetzt schon vielerorts selbst in der Bildung anzutreffende unkritische Zitieren von Wikipedia etwa, ist weniger prickelnd.

Aber ob 2,5 kg schwerer Lederschmöker oder iPad; die Vorbildfunktion im Mediengebrauch wird unverändert bleiben und wie Sie damit umgehen, wird sich an Ihre Kinder weitervererben.


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